Heft 
(1913) 21
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Paul Alfre<l Merbach.

Nach Tische fuhr ich nach Tivoli,' J ) dem besuclitcsten Belustigungs- orte in der Nähe von Berlin. Der Weg dahin, den man von der Stadt ungefähr in einer Viertelstunde zuriicklegt, ist der Eintönigkeit wegen nicht sehr interessant. Desto angenehmer wird man überrascht, wenn mau am Ziele ist. An mehreren, geschmackvoll erbauten, mit Blumen dekorirten Landhäusern vorbei, kommt man an die Pforte, durch welche man gegen Erlag von vier Droschen C. M. unmittelbar in die Anlagen tritt. Den Besucher empfängt ein niedlicher Park, hin und wieder mit kleinen Zelten besetzt, in deren Innerem Tische und Stühle stehen. Darauf kommt man in die sogenannte Kreisfahrbahn, wo elegante Wagen bereit stehen, mit welchen man eine Strecke von 800 Fuß in einer halben Minute zurücklegt. Hinter dieser Bahn führen mehrere Terassen abwärts zu einem großen, von elegant dekorirten Lampen umgebenen Blumen­körbe. Ringsumher sind allenthalben blaue Zelte für die Schaulustigen angebracht. Steigt man eine Treppe aufwärts, so gelangt man in die dem Tanze und der Kßlust gewidmeten Gemächer. Im Hauptsaale so­wohl, als in den Nebenzimmern, muß der Geschmack und die glückliche Mischung der Farben in den ringsherum angebrachten Drapperien gelobt werden. Besonders lieblich ist der Blumensaal, in welchem zwischen niedlichen Tischen, von, mit einem rothen Stolle überzogenen Stühlen umgeben, Körbe mit frischen Blumen gefüllt, sich erheben. Hin und wieder hängen Käfige mit Singvögeln; anch sind allenthalben Pianofortes zum Gebrauch hingestellt. Nachts ist alles blendend erleuchtet. Von hieraus steigt man auf eine erhöhte Terasse, von der man eine inter­essante Fernsicht genießt. Man hat einen großen Theil der Stadt vor Augen, rechts die Hasenheide mit einem hübschen Wäldchen, Stralau, und weiter im Hintergründe Köppnik; nur zur linken Hand ist die Gegend durch Flächen ermüdend. Diese Fernsicht ist um so interessanter, da bei den Mangel an Bergen um Berlin hier der einzige Ort ist, einer genießen zu können. Rings um die fertigen Anlagen wird noch gebaut und neu angelegt,. Bedenkt man, daß all dieß vor Kui-zem noch Sand­hügel waren, so kann man die Thätigkeit und den Verschönerungssinn der Brüder Gerike,") welchen Tivoli das Entstehen verdankt, nicht genug lohen. Es wird übrigens dieser Ort sehr zahlreich besticht, wie man mir sagte, auch im Winter. Da der Gebrauch der Wagen nicht zu wohlfeil ist, so nehmen die distinguirtesten Personen daran theil. Ich sah mitunter die ernstesten Männer sich hier im Kreise herumtreiben. Zuweilen werden auch große Bälle, Feuerwerke u. dgl. hier gegeben. Herr Hof-Kompositeur Blume,) den ich im Tivoli traf, äußerte, daß das in Paris,*). welches er vor Kurzen gesehen hatte, wohl größer, aber minder geschmackvoll, als das Berliner sey.

Gleich nach meiner Ankunft in Berlin hatte die Direktion Sorge getragen, meinen Sachs darstellen zu lassen, welches aber, da Herr