Heft 
(1914) 22
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10. (3. or*lentl.) Verxitmmlung des XXI. Vereinsjahres.

Inspektor Ledat in Berlin: Alte Meilen- und Postsäulen im

Reichspostgebiete. (Aus Archiv für Post und Telegraphie. Berlin, Juli 1912.) Siehe hierzu Nr. XIV.

XIV. Dasselbe Thema betreffen zwei Photographien, die unser Mitglied Herr Zahnarzt K. Reichhelm-Treuenbrietzen schon am 20. Mai überreicht hat. Es handelt sich um eine interessante alte Postsänle in Buchholz bei Treuenbrietzen, von der wir zwei Abbildungen nach­stehend geben. Der sehr ansprechende Stein ist kursächsischen Ursprungs, wie überhaupt Kursachsen in Norddeutschland die schönsten derartigen Postsäulen hergestsllt hat. Der feinkörnige Sandstein ist zum Schleifen und Bohren so recht geeignet. Daher ist der eigentliche Obelisk mit Schliff flächen bedeckt, herrührend von den Dorfbewohnern und Hand- werksburschen. Auf die Tätigkeit der letzteren sind vorzüglich die zahllosen Näpfchen zu beziehen, die mit den Wanderstäbeu gebohrt sind und sehr an die Näpfchen erinnern, die wir an der Außenfläche vieler unserer Kirchen auf Wanderfahrten gesehen haben und die aus katho­lischer Zeit herrähren. Interessant ist es, daß auf der Buchholzer Post­säule auch Zunftzeichen, Gaunerzinken (vieleicht auch von Zigeunern herrührend) und dergl. eingegraben sind. (Siehe Abbildungen S. 28 u. 29.)

Herr August Foerster bemerkt hierzu:Es sind auf diesen Steinen allemal die verschiedensten Entfernungen angebracht. Es be­rührt bei letzteren einigermaßen komisch, daß auch die Entfernung sehr entlegener Orte, wie z B. Barcelona, verzeichnet ist. Auch diese meist sandsteinernen Säulen bedürfen der Fürsorge zu ihrer Erhaltung. Das Bild der Postsäule in Buchholz bei Treuenbrietzen zeigt z. B. diese schon stark in Verfall, wozu die Vorüberwandernden allerdings stark beigetragen zu haben scheinen; denn es finden sich Längsrillen, entstanden durch das Wetzen von Messern und dergl., ferner Zunftzeichen, vermutlich durch Handwerksburschen eingekratzt, auch Gaunerzeichen, vor allem aber viele näpfchenartige Vertiefungen, gegebenenfalls wohl vom Ein­setzen der Wanderstäbe herrührend und, wenn sich erst eine kleine Vertiefung gezeigt hatte, durch nachfolgende Wanderer erweitert. Eine hieran sich schließende Erörterung griff auf die in ihrer Entstehung noch unaufgeklärten Näpfchensteine an den Umfassungsmauern alter Kirchen zurück, wie sich solche u. a. an der Berliner Nicolai Kirche finden. Daß frommer Aberglaube Schwerter, Dolche und Messer an Kirchmauern wetzen und sie hierdurch für den Kampf gegen den Feind geweiht werden ließ, hat große Wahrscheinlichkeit für sich, zumal aus prak­tischen Gründen sandsteinerne Mauern an Gebäuden weltlichen Zwecke^, sandsteinerne Brückengeländer und dergl. ähnlich benutzt werden. Für die stets nur 1 bis l*/a Meter über dem Boden befindlichen Näpfchen­steine versagt indessen bisher jede Erklärung, es sei denn, daß für eine

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