9. ( 1 . ausserordl.) Versammlung des XXII. Vereinsjahres.
Mittwoch, den 17. September 1913, nachm. 4 Uhr.
Besichtigung der vereinigten Friedhöfe der Dorotheenstädtischen und Friedrich-Werderschen Kirchengemeinde
Chausseestr. 126
Herr Geh.-Hat Friedei in doppelter Stellung als Vorsitzender der Brandenburgs und als Magistrats-Patronatsvertreter sowie Herr Kommissionsrat Thien als Friedhofs-Kurator, auch noch andere Mitglieder der kirchlichen Behörden der Dorotheenstadt empfingen die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste. Herr Friedei übernahm die Führung und Erklärung der hervorragenden Gräber.
Der älteste Teil des Friedhofes liegt rechts nach den Nachbarhäusern zu und stammt zum großen Teil aus der rationalistischen Aufklärungsperiode von Friedrich dem Großen an bis in die beginnende Biedermeierzeit. Daher keine äußerlichen Kennzeichen des Christentums: von Kreuzen keine Rede, dafür der heidnische Sarkophag, der Cippus, die brennende und die umgestürzte Fackel des Scheiterhaufens, dieTotenurne als Bekrönung antiker Säulen, als Ornament Sphinxe, Schmetterlinge und Genien des Todes. Besonders bezeichnend für die Inschriften ist, genau dem Gesagten entsprechend, als Leitmotiv die stereotype Phrase: „Sanft ruhe seine Asche!“
Das großartigste dieser Art von Gräbern ist das der bekannten Cantianschen Familie, so römisch ausgestaltet, als wenn es an der Via Appia in der Campagna Roms läge. Hier ruht u. a. der Baurat und Stadtälteste Cantian, dessen Goethe gelegentlich der Beschreibung des großen Markgrafensteins auf den Rauenschen Bergen bei Fürstenwalde an der Spree gedenkt, wie aus einem Teil von ihm durch Cantians Kunstfertigkeit die große Vase vor dem Alten Museum hergestellt sei. Aus demselben Teilstück stammen die Adlersäule am Schloß, die Bellealliance- und die Babelsberger Granitsäule sowie manch anderes Kunstwerk Cantians.
Dicht dabei ist das prächtige Denkmal des 1892 verstorbenen Fabrikbesitzers Schwartzkopff, dahinter das nicht minder ansehnliche
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