Tierleben der Provinz Brandenburg.
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2. Lithoglyphus naticoides Ferussac. Diese merkwürdige, anscheinend erst seit dem Beginn der achtziger Jahre dieses Jahrhunderts nach der Provinz Brandenburg zu in der Einwanderung begriffene gedeckelte Wasserschnecke ist von mir im Sommer 1891 vielfach im Spandauer Schifffahrtskanal nahe der Maeekernitzwiese und der Ausmündung in den Tegeler See gefunden worden. Im Nachrichtsblatt der deutschen Malakozoologischen Gesellschaft XV. 1883 teilte ich in dem Aufsatz „Kleine conchyliologische Notizen“ S. 184 ff. mit, dass Oswald Schulze L. n. am 27. Juni 1883 in dem genannten Kanal bei Plötzensee fand und dass Otto Reinhardt, Jetschin, Schacko und ich sie nicht weit davon am 6. Oktober 1883 fischten. Am 8. August 1882 fand ich sie bei Thorn in der Weichsel. In meinem Aufsatz „Neue Fundstellen von Lithoglyphus naticoides Fer.“ in derselben Zeitschrift XXII 1890 teilte ich S. 198 mit, dass ich zwei Exemplare bei Schulau an der Elbe unterhalb Blankenese und ein Exemplar am 20. Mai 1882 in der Wulwc Lanke innerhalb Berlins nahe der Moabiter Brücke gefunden habe. Die dauernde Ansiedelung der niedlichen Schnecke kann nunmehr in unserem Gebiet als gesichert gelten. — Inzwischen ist L. n. auch in grosser Tiefe beim Brunnenabteufen in der Brauerei Tivoli auf dem Kreuzberg innerhalb Berlins fossil entdeckt worden und zwar im unteren Diluvium mit der für letzteres charakteristischen Leit-Conchylie, Paludina dilu- viana Kunth und mit Tichogonia Chemnitzii Rossmaessler (= Dreyssena polymorpha Pallas) zusammen. Auch Tichogonia Chemnitzii ist, was eine interessante biologische Parallele gewlihrt, in unsere Gegenden erst wieder im Laufe dieses Jahrhunderts eingewandert, jetzt aber in unseren Seen und Strömen so verbreitet, dass sie zu den gemeinsten brandenburgischen Muscheln gehört. Die Wasserverhältnisse müssen doch etwas anders gewesen sein bei uns als jetzt zu den Zeiten, als die fossilen L. n. und T. Ch. in den Gewässern der Provinz Brandenburg mit Paladina diluviana zusammen lebten. Ich vermute, dass die mittlere Jahreswärme etwas grösser war.
Berlin, 1. April 1892. Ernst Friedei.
3. Rüdersdorfer Schnecken. In von der Ilagens Beschreibung der Kalkbrüche bey Rüdersdorf. Berlin, 1785 heisst es S. 23: „In dem grossen Steinbruche sind an 40, in den kleineren aber an 20 Arbeiter. Man findet daselbst kleine lebendige Schnecken, 1 bis l’/j Linie lang, unmittelbar an den Kalksteinen, von welchen auch in dem Freyenwalder Bade einige drei Linien lang, doch nur die Schalen davon wahrgenommen werden. Diese Schnecken-Schalen sind braun. Man kann sie weder zu den Schrauben- Sclmecken rechnen, noch für die eigentlich sogenannten Schnecken halten, weil sie zu jenen nicht spitzig und zu diesen nicht kurz genug sind. Sie sind fast wie ein Ey gestaltet, aber etwas schmal und walzenförmig und ihre sehr deutlich unterschiedenen Windungen sind einander fast gleich. Die Oeffnung derselben ist rund.“
Gemeint ist Pupa muscorum L., die ich mit Patula (Helix) ro- tundata zusammen oftmals und in Menge in feuchten Felsritzen der Brüche gefunden habe.
Was mit der Freienwald e r S chnecke gemeint sei, bleibt zweifelhaft. Vielleicht sind fossile Schnecken des diluvialen Valvaten-Mergels gemeint.