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Kleine Mitteilungen.
in Europa bekannt geworden durch die Schriften des Leonardo Fibonacci aus Pisa, und vereinzelt kamen diese Ziffern noch früher vor.*)
Wer war aber nun diese Hesera? In den einschlägigen Urkundenwerken und Quellensammlungen kommt der Name nicht vor. Eine Verlesung ist unmöglich, denn die romanischen Buchstaben sind mit — man möchte sagen unheimlicher — Deutlichkeit in das Metall eingraviert. Thomas Kantzow nennt, wie schon erwähnt, Johanns pommersche Gemahlin Hedwig.**) Ist aber, was sich nicht mehr bezweifeln lässt, Hesera die zweite Gemahlin Markgraf Johanns gewesen, so war sie auch die Tochter Herzog Barnims, und Hesera und Hedwig sind identisch. Dann war Hesera der ursprüngliche, altwendische Name der Fürstin, der später, als diese Sprache ausstarb, sich in Hedwig umgewandelt hat. Kantzow schrieb seine Chronik in den dreissiger Jahren des 16. Jahrhunderts; um diese Zeit war die altpommersche Sprache schon vollständig verschwunden. „Der Letzte, welcher die altpommersche Sprache verstanden hat, soll im Jahre 1404 verstorben sein. Man hat auch keine Spur eines Überbleibsels von ihr, ausgenommen einige Orts- und Personennamen, deren slavischer Ursprung im ganzen nordöstlichen Deutschland aus den Endsilben itz, euz, ik oder on erkannt werden kann.***) Es ist leicht denkbar, dass Kantzow, als er die hochdeutsche Bearbeitung seiner Chronik 1538 herausgab, der Gemahlin Johanns den Namen Hedwig gab, dessen niederdeutsche Form Heseke ) mit Hesera phonetisch viel Ähnlichkeit hat. Die Entwickelung ist also folgende: der altpommersche Name Hesera verwandelte sich mit dem Absterben des altpommerschen Idioms in die niederdeutsche Form Heseke und aus ihr in die hochdeutsche Hedwig. Es wäre erfreulich, wenn ein Slavist dieser Deduktion näher treten und eine Erklärung des Namens Hesera geben wollte. Germanisch dürfte er nicht sein, wenigstens findet er sich nicht in deutschen Wörterbüchern und Namensverzeichnissen.
Kleine Mitteilungen.
Zur Lage des wendischen Rethra. Viele Forscher haben sich schon mit dem geheimnisvollen Ort beschäftigt und viele Meinungen sind aufgetaucht über die nähere Lage des Ortes. Die Majorität der Forscher entschied sich, Rethra in der Nähe von Feldberg in Mecklenburg-Strelitz zu suchen. Andere verlegten Rethra nach anderen Orten. So hatte unser
*) Faulmann, Illustrierte Geschichte der Schrift p. 562.
**) Pomerania, Theil I. Buch VI. p. 249.
***) Taloj, Handbuch der Geschichte der slavisclien Sprachen und Litteratur. Deutsch von Brühl. Leipzig 1852. p. 254 f.
f) Vergl. Schiller und Lüben, Mittelniederdeutsches Wörterbuch Bd. II. p. 259.