Heft 
(1898) 7
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Wanderfahrt nach dem städtischen Ritter- und Riesel-Gut Buch.

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zu noch grösseren Opfern und Demütigungen bereit gewesen wäre. Nachdem die regierende Königin schriftlich ihre Einwilligung gegeben hatte, wurde um 27. Mai 1787 in der Charlottenburger Schlosskapelle Julie von Voss unter dem Namen einer Gräfin von Ingenheim dem Könige zur linken Hand angetraut. 4 .

Die Heirat wurde lange geheim gehalten, Julie schied aus dem Kreise der Hofdamen der alten Königin und siedelte nach Potsdam über. Nach und nach wurde die Sache jedoch bekannt, und obwohl der ganze Hof, selbst die schliesslich unterrichtete Königin-Witwe die Gräfin von Ingenheim mit Freundlichkeit und Ehrerbietung behandelten, so hatte sie doch unter höhnischen Blicken und spöttischen Bemerkungen, unter bitteren Kränkungen von manchen Seiten, besonders der Freundin des Königs, der Rietz, viel zu leiden und alle Liebe des Königs konnte ihr die sorglose Ruhe ihrer Jugendzeit nicht wiedergeben. Und schliesslich die Enttäuschung ihr Opfer war umsonst gebracht. Wenige Monate nach der Heirat kehrte der König bereits zu seiner Freundin, der Rietz, zurück. Eine kurze Änderung trat wieder ein, als Julie von Voss ihrem königlichen Freunde am 2. Januar 1789 einen Sohn schenkte. Den ganzen Tag über wich Friedrich Wilhelm nicht von ihrem Bett, über- hänfte sie mit Liebkosungen und prächtigen Geschenken und schien von seiner verderblichen Leidenschaft geheilt. Da verletzte sich der König- einige Tage nach ihrer Entbindung den Fnss und musste das Bett hüten. Julie besorgt über das Ausbleiben des Königs, schenkte den Angaben ihrer Umgebung über den Unfall desselben keinen Glauben und verliess gegen den Willen der Ärzte das Bett, um den Geliebten aufzusuchen. Sie fürchtete den erneuten Einfluss der zur Gräfin v. Lichtenau er- hobenen Rietz und die quälende Eifersucht liess sie alle Bedenken über­winden. Sie zog sich bei dem Besuch des Königs eine schwere Er- kältung zu und kränkelte seitdem fortgesetzt. Trotzdem wohnte sie am 5. Februar in leichter Gewandung einer Hofcour bei und eine erneute Erkältung verschlimmerte ihr Übel derart, dass es in Brustschwindsucht ausartete. Bereits am 25. März 1789 machte ein starker Hustenanfall ihrem freud- und leidvollen Dasein ein Ende. Sie wurde von Char­lottenburg, wo sie gestorben war, nach Buch gebracht und vor dem Altar der Kirche bestattet.

Der König war untröstlich und vergoss bittere Thränen bei ihi-em Tode, er hielt sich ein ganzes Jahr lang von allen Festlichkeiten zurück und schien den Verlust nicht ertragen zu können. Aber der Schein täuschte, bereits ein Jahr nach ihrem Tode, am 11. April 1790 liess Friedrich Wilhelm sich das schöne Hoffräulein Gräfin Sophie von Dön­hoff zur linken Hand antrauen. So schnell war der Kummer verheilt, so schnell das Bild der schönen Julie von Voss aus seinem Innern ent­schwunden.

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