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17. (11. ausserordentl.; Versammlung des VII. Vereinsjahres.
Körperschaften bestimmt ist. In ältester Zeit, lange ehe der Namen Berlins erklingt, wird man sich den Grund und Boden hier als einen Teil des Urwaldes zu denken haben, der sich in gemischtem Bestände, Laub- und Nadelholz, bis nach dem Tiergarten westlich und südlich bis in die Köllnische Haide am linken Spreeufer hingezogen haben mag. Hier in der Nähe lagen die „Semel“-Länder, schon von Fidicin auf das wendische Wort Sembla, Land, gedeutet. Als Zeugen des Urwaldes werden die als „älteste lebende Berliner“ viel gefeierten zwei Eibenbäume (Taxus beccata) im frühem Herrenhaus-Garten angesprochen, das ein Exemplar gewiss vielhundertjährig, beide jetzt gerüstet, um hei den Neubauten an eine andere hoffentlich für immer gesicherte, benachbarte, neue Pflanzstelle verschoben zu werden, wozu wir ihnen gewiss alle glückliche Reise, guten Erfolg und noch mehr hundertjähriges weiteres Wohlgedeihen wünschen. Der Teil des Grundstücks an der Leipziger Strasse gegenüber dem grossen Wertheimschen Waaren- Hause wurde im Jahre 1825 vom Vater des Tondichters Felix Mendelssohn-Bartholdy gekauft. S. Hensel in seinem Werk „Die Familie Mendelssohn“ hat das geistig angeregte Leben, das sich daselbst abspielte, anmutend geschildert. Der „Sommernachtstraum,, u. A. ist hier komponiert worden. Die Gebäude des Herrenhauses und das alte Reichstagsgebäude, welche sich hier erhoben, sind im vergangenen Jahr abgebrochen worden und die Mitglieder des Herrenhauses bis zur Fertigstellung des Neubaues auf die Räume des alten Abgeordnetenhauses am Dönhoffsplatz angewiesen. Die Pläne lassen auch von dem Neubau des Herrenhauses nach dem Entwurf des Herrn Geheimen Baurats Friedrich Schulze im besten Sinne Ungewöhnliches erwarten. Die Hauptfront soll zurücktreten, zwei Flügel, rechts und links, werden vorspringen und einen geräumigen Vorgarten einfassen. In gleichem Stil werden sich noch zwei ebenfalls stattliche Gebäude anschliessen, in denen die Präsidenten beider Häuser entsprechende Wohnungen finden. Ein Mittelgang wird den Herrenhausbau mit dem Abgeordnetenhaus verbinden, in welchen letzteren der Baukünstler selbst uns nunmehr gütigst führen will.
Die räumliche Verteilung der gesamten Bauten geht aus dem beigegebenen Grundriss hervor.
Herr Geheimrat Friedrich Schulze hiess hierauf die Anwesenden freundlich willkommen und gab eine Erläuterung seines Baues, welche in erweiterter Form aus dem Centralblatt der Bauverwaltung vom 14. d. M. wiedergegeben werden darf.
Das Bauwerk des Abgeordnetenhauses, dessen Hauptfront zur bessereiT Wirkung und mit Rücksicht auf das gegenüberliegende Kunstgewerbemuseum etwa 22 Meter gegen die Baufluchtlinie zurückgesetzt wurde, ist in den Formen einer frei entwickelten italienischen Hochrenaissance gehalten. Der Aufbau gliedert sich in drei klar zum Aus-