Heft 
(1898) 7
Seite
488
Einzelbild herunterladen

488

17. (11. ausserordentl.; Versammlung des VII. Vereinsjahres.

Körperschaften bestimmt ist. In ältester Zeit, lange ehe der Namen Berlins erklingt, wird man sich den Grund und Boden hier als einen Teil des Urwaldes zu denken haben, der sich in gemischtem Bestände, Laub- und Nadelholz, bis nach dem Tiergarten westlich und südlich bis in die Köllnische Haide am linken Spreeufer hingezogen haben mag. Hier in der Nähe lagen dieSemel-Länder, schon von Fidicin auf das wendische Wort Sembla, Land, gedeutet. Als Zeugen des Urwaldes werden die alsälteste lebende Berliner viel gefeierten zwei Eiben­bäume (Taxus beccata) im frühem Herrenhaus-Garten angesprochen, das ein Exemplar gewiss vielhundertjährig, beide jetzt gerüstet, um hei den Neubauten an eine andere hoffentlich für immer gesicherte, benachbarte, neue Pflanzstelle verschoben zu werden, wozu wir ihnen gewiss alle glückliche Reise, guten Erfolg und noch mehr hundert­jähriges weiteres Wohlgedeihen wünschen. Der Teil des Grundstücks an der Leipziger Strasse gegenüber dem grossen Wertheimschen Waaren- Hause wurde im Jahre 1825 vom Vater des Tondichters Felix Mendels­sohn-Bartholdy gekauft. S. Hensel in seinem WerkDie Familie Mendelssohn hat das geistig angeregte Leben, das sich daselbst abspielte, anmutend geschildert. DerSommernachtstraum,, u. A. ist hier kom­poniert worden. Die Gebäude des Herrenhauses und das alte Reichs­tagsgebäude, welche sich hier erhoben, sind im vergangenen Jahr abgebrochen worden und die Mitglieder des Herrenhauses bis zur Fertig­stellung des Neubaues auf die Räume des alten Abgeordnetenhauses am Dönhoffsplatz angewiesen. Die Pläne lassen auch von dem Neubau des Herrenhauses nach dem Entwurf des Herrn Geheimen Baurats Friedrich Schulze im besten Sinne Ungewöhnliches erwarten. Die Haupt­front soll zurücktreten, zwei Flügel, rechts und links, werden vorspringen und einen geräumigen Vorgarten einfassen. In gleichem Stil werden sich noch zwei ebenfalls stattliche Gebäude anschliessen, in denen die Präsidenten beider Häuser entsprechende Wohnungen finden. Ein Mittel­gang wird den Herrenhausbau mit dem Abgeordnetenhaus verbinden, in welchen letzteren der Baukünstler selbst uns nunmehr gütigst führen will.

Die räumliche Verteilung der gesamten Bauten geht aus dem bei­gegebenen Grundriss hervor.

Herr Geheimrat Friedrich Schulze hiess hierauf die Anwesen­den freundlich willkommen und gab eine Erläuterung seines Baues, welche in erweiterter Form aus dem Centralblatt der Bauverwaltung vom 14. d. M. wiedergegeben werden darf.

Das Bauwerk des Abgeordnetenhauses, dessen Hauptfront zur bessereiT Wirkung und mit Rücksicht auf das gegenüberliegende Kunst­gewerbemuseum etwa 22 Meter gegen die Baufluchtlinie zurückgesetzt wurde, ist in den Formen einer frei entwickelten italienischen Hoch­renaissance gehalten. Der Aufbau gliedert sich in drei klar zum Aus-