Heft 
(1905) 14
Seite
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Zimmemmnn, Chronik von Niedergörsdorf.

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werden in schnellem Tempo zur Kirche getragen, weil man glaubt, daß sie dann das Gehen leichter erlernen. Die Paten müssen beim Taufmahl von jedem Gericht essen, damit das Kind alles essen lerne. Die Kon­firmation mit dem ersten Genuß des hlg. Abendmahls wird, nachdem eine Prüfung (Vorstellung) am Sonntag Iudica stattgefunden hat, am Palmsonntag vollzogen. Um die sonst schon lange Handlung zu kürzen, wird statt einer Predigt eine Ansprache vom Altar gehalten, in welcher die Konfirmanden der Sorge der Gemeinde und besonders der Irene der Jugend empfohlen werden. Die Konfirmanden sprechen gemeinsam das Glaubensbekenntnis und die Gemeinde bekennt sich zu demselben Glauben durch Absingen des Liedes,Wir glauben all an einen Gott. Der Altar ist an diesem Tage mit blühenden Topfgewächsen geschmückt, welche von den Kindern aus den Häusern zusammen ge­tragen werden. Die Mädchen erscheinen zumeist in schwarzen Kleidern und im einfachen Haarschmuck, Bekränzung ist nicht im Gebrauch.

Beim Eintreffen des Bräutigams im Dorfe zur Hochzeit werden seinem Wagen von der Schuljugend und auch anderen Leuteu Stangen vorgehalten, und er ist gezwungen, sich durch eine Geldgabe in kleinen Münzen, welche er unter die Menge wirft, loszukaufen.

Ist eine Person verstorben, so wird sie recht bald aus dem Feder­bett genommen und auf ein Strohlager gelegt, welches mit einem Laken überbreitet ist. Ein besonderes Sterbehemd erhalten die Toten nicht, sondern sie werden darauf in ihren besten Sonntagskleidern in den Sarg gelegt. Früher wurden die Särge mit dem schwarzen Leichentuch überhängt, jetzt werden sie auf das Leichentuch gestellt und tragen einen reichen Schmuck vou gemachten und lebenden Blumen. Solche Kränze und Kronen wurden früher zur Erinnerung in der Kirche ange­bracht. Das Grab ward von den Trägern aufgeworfen, weil noch kein besonderer Totengräber angestellt worden ist. Die Träger erhalten bei diesem Geschäft aus dem Leichenhause ein reichliches Frühstück, welches sie auf dem Friedhofe, meist auf den Gräbern sitzend, verzehren. Diese häßliche Sitte will sich nicht abstellen lassen. Als Gefolge erscheint außer den Verwandten bei Hüfnerleichen die ganze Hüfnergemeinde, von den Kleinleuten kommen hauptsächlich die Frauen; bei den Leichen der Kleinleute fehlen, wenn nicht nähere Beziehungen da sind, die Hüfner; aber die Frauen sind da. So auch bei Kinderleichen. NB. Der Unterschied von Hüfner und Kleinleuten wird immer aufrecht erhalten, auch im Gasthaus sitzen sie an gesonderten Tischen und bei Tanz­belustigungen halten sich die Töchter der Hüfner scheu von den Dienst­mägden zurück. .

In älteren nicht zu fernen Zeiten wurden die Toten nicht auf StrolTgelegt sondern auf dem Totenbrette befestigt. Dieses Brett wurde schräg gegen die Wand gestellt, um dadurch den Leichen eine bessere