Heft 
(1905) 14
Seite
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Zimmermann, Chronik von Niedergörsdorf.

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seiden) ganz glatt und fest gebunden war, so daß wollt die Lnft ver­gehen wollte. Die Mädchen standen zuerst auf dem Hausflur und wurden dann von den Burschen in die Stube getanzt.

Die Sache hatte somit eine große Förmlichkeit, von welcher zu wünschen wäre, daß sie noch da wäre. <

Jeder Bursche war an sein Mädchen bis zum Joliannisjparkt ge­bunden und mußte mit ihr stets den ersten Tanz verrichten. Die jungen Leute fuhren auch gemeinsam zur Stadt, denn die Mädchen mußten doch Trus clien (Sträuße) einkaufen, welche sie den Burschen zu schenken hatten. Diese gaben den Mädchen in der Stadt ein reichliches Mahl. !

Merkwürdig ist, daß beim Stollenreiten neben dem ersten auch Ser letzte Reiter Auszeichnung erfuhr."Xu(1er der Stolle erhielt der erste Reiter noch ein seidenes Halstuch, der letzte ein Taschentuch. Dem ersten Reiter gebührte der erste Tanz, der zweite Tanz dem letzten Reiter, der dritte Tanz dem ersten und letzten Reiter, der letzte Reiter erhielt auch eine Tabakspfeife vom Bäcker gebackemj Ich habe nicht erfahren können, nach welchem Gesetz die gütigen Mädchen gehandelt haben. Ja, die lieben Frauen handeln oft wunderlich, sonst kämen die kleinen und mißgestalteten Männer nie zu einer hübschen und ansehn­lichen Frau.

An Zuwendungen hat die Kirche erhalten:

1. Eine große Hängelampe von Frau Hüfner Meske.

2. Einen Kronleuchter mit 8 Lampen von der Frau des Lehm hofsbesitzers liecht in Gemeinschaft mit dem Pfarrer. Beide Stücke sind nicht ganz kirchlich, aber sie genügen.

8. Einen neuen kostbareu Altarteppich von Herrn Dr. med. Tuch-Hannover.

Ein neuer schöner Kircheusitz für die Bewohner des Bahnhofs ist hergerichtet.

Der Altarraum ist mit Cocus-Läufern belegt, circa 30 Qm.

Wir dachten auch daran, eine Heizvorrichtung zu beschaffen. Zu diesem Zweck wollten wir ein neues Konzert geben, wozu uns schon auswärtige Sängerinnen, ein Geigen- und Orgelspieler zugesagt hatten. Leider müssen wir die Sache bei dem Abgang unseres Lehrers ruhen lassen. Ich hoffe, daß sich noch ein oder einige mitleidige Herzen finden, welche dem ergrauten Pastor eine angewärmte Kirche gönnen und die BIX) M aufbringen, welche genügen werden.

Geschichtliches.

Das Jahr 1901 brachte zur Erntezeit große Dürre, so daß Futter­mangel entstand. Obst gab es wenig; die Pflaumen vertrockneten an den Bäumen, Kirschen gab es reichlich. Es kostete der Zentner 1,50 M,