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Zimmermann, Chronik von Niedergörsdorf.
und niemand wollte sie dafür pflücken. Die Ernte war immerhin gut, nur der Hafer hatte gelitten.
Am 7. August 1902 schlug der zündende Blitz in das Gehöft der Witwe Freidank. Von diesem Gehöft wurde das massive Wohnhaus und der Kuhstall erhalten, aber das benachbarte Gehöft der Witwe Müller (Borsdorf) brannte ganz nieder. Die benachbarte Pfarrscheune wurde nur erhalten, weil ein kräftiger Gewitterregen eintrat. Die Witwe Müller suchte die Pfarrscheune, welche seit 30 Jahren zum Bauärger der Gemeinde und ohne großen Nutzen für den Pfarrer dastand, zu erwerben. Die Gemeinde wurde willig, ihr die Scheune zum Geschenk zu geben. Als das Königl. Konsistorium von unserer Gutherzigkeit Kenntnis erhielt, wurden wir hart angelassen, weil wir kein Recht zum Schenken hätten. Die Gemeinde hatte so gerechnet: Unsere Väter haben in früheren altsächsischen Zeiten die Scheune nach altsächsischem Recht aus eigenen Mitteln gebaut und unterhalten. Sie gehört ihr, der Fiskus hat zu ihr kein Recht.
Das Königl. Konsistorium wollte nun die Gemeinde dahin in Anspruch nehmen, daß sie den abgeschätzten Wert von 400 M sofort aufzubringen hätte und dann noch im Bedarfsfälle eine neue Scheune auf- iihre. Das war nun offenbar ein Anfang von den sieben Züchten. Die Sache ist endlich dahin geordnet, daß die Gemeinde bei einem etwaigen Neubau 400 M vornweg auf den Tisch legt und dann mit dein Fiskus weiter baut. In den benachbarten Dörfern hat man die Scheunen schon früher entfernt, ohne daß ein Hahn krähte.
Die Witwe Müller hat die Scheune durch Rollen auf ihr Gehöft schieben lassen. In Gemeinschaft mit dem Pfarrer, der doch auch wohltätig sein mußte, hat sie den Kutschsclmppen im Stallgebiiude der Pfarre errichten helfen. Während des Baues hat die Witwe, Müller die Ställe der Pfarre und den Kellerraum des Pfarrhauses in Benutzung gehabt.
Durch den Neubau des Hauses der Witwe Müller hat die Dorfstraße sehr gewonnen; der Pfarrgarten aber hat durch die Aufführung eines übermäßig hohen Stallgebäudes gelitten. Derselbe hat dafür durch Urbarmachung des Scheuuenplatzes einen Zuwachs erfahren. Das Jahr 1903 war bei ziemlicher Dürre, in welcher das Sommergetreide litt, ein gesegnetes.
Im Jahre 1904 zog am 21. Juni von Westen her gegen Abend ein Gewitter herauf, welches Hagel mit sich führte. Derselbe hat auf den südwestl. Feldern einigen Schaden verursacht, aber die Witwe Hermann und Hüfner Meske, deren Acker hauptsächlich betroffen waren, waren versichert. Der Witwe Hermann wurde ihre Entschädigung durch das Schmerzenskind Eichelbaum gestohlen. Dieser unglückliche Mensch war aus dem Zuchthaus entlassen und der Pfarrer hatte versucht, ihn irgendwo