Heft 
(1899) 8
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Carl Poetters.

da seine geheiligte Majestät seinen Willen kundgetlian hat, die Heilung seines Volkes von dem Uebel während des Monats Mai fortzusetzen und dann bis zum nächsten Michaelis zu verschieben, so habe ich dies anzuzeigen, damit das Volk in der Zwischenzeit nicht in die Stadt komme und seine Arbeitszeit einbüsse.

Ludwig XIII von Frankreich behandelte mit Vorliebe Kröpfe, Lud­wig XVI von Frankreich liess 1775 folgenden Erlass durch die Zeitungen bekannt geben:

Den 14. Junius wird der Monarch mit grosser Pracht dem Gottes­dienste in der Abtei von St. Remi beiwohnen, bei welcher Gelegenheit Seine Majestät die berühmte Cur an solchen Kranken thun werden, welche Geschwülste am Halse haben, die durch Berührung eines ge­krönten Hauptes geheilt werden sollen und deshalb auch die Namen von Königsgeschwülsten oder Königsbeulen führen. Es ist die Gewohnheit, dass der König die Wangen, die Stirne und das Kinn anrührt, das Kreuz schlägt und dabei folgende Worte ausspricht:Gott heile Euch, der König hat Euch angerührt.

Ob derartige Königsheilungen auch in Deutschland, insbesondere von regierenden Häuptern und Fürsten in der Mark Brandenburg aus­geübt worden sind, habe ich nicht feststellen können.

Dagegen hört man namentlich auf dem platten Lande noch vielfach von Wundereichen und Wunderquellen berichten.

Die Heilung durch Wundereichen resp. der Prozess selber fand in der Weise statt, dass der betreffende Kranke durch einen unten geteilten Eichenstamm angekleidet oder nackt kroch oder gezogen wurde. Diese Prozeduren mussten bei abnehmendem Mond vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang gläubigen Herzens unter Anrufung des dreieinigen Gottes stillschweigend vorgenommen werden.

Berühmt war z. B. die Wundereiche in der Feldmark Liitzow bei Gadebusch i. M. Im Sommer 1825 zogen ganze Karawanen von Kranken aus Hamburg, Lübeck und dem Holsteinischen, mitunter bis zu 1Ü0 an einem Tage zu dieser Eiche. Eine Zeichnung dieser Eiche befindet sich in der Bibliothek des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde zu Schwerin i. M. Wundereichen befanden sich u. a. auch . in der Nähe von Wittstock, zwischen Gransee und Fürstenberg i. M. und namentlich im mecklenburgischen Gebiet auf der Sulzer Feldmark bei Langsdorf, zu Reetz bei Schwaen, Hantzow bei Neu-Buckow u. s. w. Unter den Wunderquellen war insbesondere berühmt geworden die auf dein sogen. Mühlenkampe bei Sternberg, die bereits im Jahre 1492 einen grossen Ruf hatte und der die wunderbarsten Heilerfolge zugeschrieben wurden. Diese Quelle soll noch heute vorhanden sein.

Eine ähnliche Quelle fand man im Jahre 1818 bei der Stadt Hagenow. Die ihr zugeschriebenen Wunderkuren verursachten bald einen