Berliner Zustände und Persönlichkeiten aus dem Ende des 18. Jahrhunderts in satirischer Beleuchtung.
Von Dr. L. H. Fischer.
Es sind die Ergebnisse einer litterarischen Ausgrabung, für die ich mir Ihre freundliche Aufmerksamkeit erbitte. Zwar sind es keine weltbewegenden Entdeckungen, die ich Ihnen vorzutragen habe, aber bei der Erforschung der Kulturgeschichte der engeren Heimat sind auch unbedeutende Ergebnisse von Wert, und meine Mitteilungen dürfen wenigstens den Vorzug der Neuheit für sich in Anspruch nehmen.
Im Jahr 1788 erschien in Berlin bei Christian Friedrich Himburg ein Buch unter dem Titel: Niels Klimms unterirdische Reisen. Neuverteutscht. Der Verfasser bezw. Übersetzer ist auf dem Titelblatt selbst nicht genannt, aber die an Herrn Karl Hotthold Lessing, Königlichen Münzdirektor in Breslau, gerichtete Widmung ist unterzeichnet W. Ch. S. Mylius, das bedeutet: Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. Karl Gotthold (oder wohl richtiger Gotthelf) Lessing war der jüngere Bruder unseres grossen Gotthold Ephraim und als Verfasser von dramatischen Dichtungen unter seinen Zeitgenossen nicht unbekannt. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius redet ihn in der Dedikation „Teuerster Vetter“ an und bezeichnet ihn als „den freiwilligen Führer seiner Jugend, der so manches ammenhafte Vorurteil aus seiner Seele riss und ihr Gefühl für das Wahre und Schöne einpflanzte-“ Ohne Zweifel gehört der Verfasser der Schrift, welche uns jetzt näher beschäftigen soll, derselben Familie Mylius an, aus welcher der ältere Freund und Verwandte Gotthold Ephraims, Christlob Mylius, stammte. Über den Lebensgang des Wilhelm Christhelf Mylius wissen wir nur wenig. Er wurde am 2. Mai 1754 in Berlin geboren, studierte die Rechtswissenschaft, widmete sich aber dann der Litteratur und machte sich durch seine Übersetzungen zahlreicher französischer und englischer Romane vind seine Bearbeitungen französischer Theaterstücke einen Namen. In Hitzigs gelehrtem Berlin und in dem gleichnamigen Werke von Schmidt
1*