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14. (4. ordentliche) Versammlung des XIII. Yereinsjahres.
XXVII. Von Herrn Alexander Giertz, Pfarrer zu Petershagen, unserm verehrten Mitgliede, liegt die bereits in der September-Sitzung angekündigte Besprechung des I. Jahrbuchs für Brandenburgische Kirchengeschichte, wie folgt, vor.
Jahrbuch für Brandenburgische Kirchengeschichte. Herausgegeben im Aufträge des Vereins für Brandenburgische Kirchengeschichte von D. Dr. Nikolaus Müller, Professor der Theologie an der Universität zu Berlin. I. Jahrg. Berlin. 1904. Kommissionsverlag von Martin Warneck.
Der am 26. September 1902 in Berlin gegründete „Verein für Brandenburgische Kirchengeschichte“, welcher bestrebt ist, zur Erforschung, Sammlung, Veröffentlichung und Verarbeitung aller auf die märkische Kirchengeschichte bezüglichen Quellen und Nachrichten die nötige Anregung zu geben und möglichst jeder Gemeinde eine Darstellung ihrer kirchlichen Vergangenheit zu bieten, ist im Februar d. J. mit seinem 1. Jahrbuch wirksam in die Öffentlichkeit getreten. Zwar nennt der Herausgeber im Vorworte des 307 Seiten starken Bandes die erschienenen Arbeiten eine erste „bescheidene“ Vereinsfrucht; aber ein eingehenderes Studium des Inhaltes macht dem Leser dieses „bescheiden“ sehr bald verschwinden mit dem lebhaften Wunsche: Vivant sequentes! — Es sind im Werke, das insgesamt neun Abhandlungen enthält, Themata verschiedenster Gebiete der Kirchengeschichte behandelt, und sieht man näher zu, so findet man, daß sie überall wertvolle Aufschlüsse für die Allgemeingeschichte in sich bergen. Eine Wanderung durch die einzelnen mit reichen Quellen versehenen Aufsätze veranschaulicht und beweist dies am besten. I. Der Band setzt mit einer Abhandlung Dr. Brunners „Ketzer und Inquisition in der Mark Brandenburg im ausgehenden Mittelalter“ ein und bespricht auf Grund des Wolfenbütteler Protokolls Leben, Lehre und Verfolgung der märkischen Waldenser in der Ucker- und Neumark, die später mit den Böhmischen Brüdern in Verbindung stehen. Der eingehenden Arbeit ist vielerlei für die Geschichte der Mark zu entnehmen, vor allen Dingen die mögliche Annahme, daß sich unter den Kolonisten unsers Landes bereits flüchtige Häretiker befunden haben, die hier vor der Inquisition sicherer zu sein glaubten als in der alten Heimat. Hierbei darf nicht vergessen werden, daß diese Häretiker sich äußerlich den kirchlichen Gebräuchen vollständig unterordneten und von den Geistlichen wohlwollende Duldung erfuhren. — II. Es folgt Dr. Curschmann „Ein Urkundeninventar des Klosters Spandau“, eine mühsame Zusammenstellung, die zugleich von der Umsicht des Verfassers Zeugnis ablegt. Wie viel ist hier von märkischen Dörfern und deren Verhältnissen in ältester Zeit die Rede! — Mit 2 Abhandlungen ist der Pfarrer I). Dr. Bossert vertreten: III. „Zur Biographie des Reformators