Issue 
(1904) 13
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Aus den Jugendtagen der Kohle.

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uns dem Luch, dessen weite öde Fläche vor uns liegt, nur unterbrochen von dem Schilfdickicht, das den Kremmener See umsäumt, und überragt von den Dächern der Stadt Kremmen und den Iliigeln des Glin. Auf einer wohlgepflegten Chaussee mit jungen Bäumen durchschreiten wir die ebene, jetzt eintönig weiß überschneite Wiesenflur. Das ist der heißumstrittene Kremmener Damm, und zwischen zwei Linden erinnert ein hohes Steinkreuz an den Grafen Hans v. Hohenlohe, der hier im Kampfe für Friedrich I. die Todeswunde empfing. Wenn wir von dem Schrecken jener Schlacht hören, von den Gefahren, die der Sumpf bot, dann will uns das alles wenig zu der Gegend passen; denn man kann sich kaum ein schöneres Schlachtfeld, zumal im Sinne der alten Linien­schlachten, denken, als dies Luch, das wie ein Tischtuch vor uns liegt. Aber damals war es anders. Alle jene Wiesen sind ein spätes Werk der Menschenhand. Als Kurfürst Friedrich in die Mark kam, waren hier wederWiesen noch Damm, sonderneinErlenbruch,vielleichtdensumpfigsten Stellen des heutigen Spreewaldes vergleichbar, ein wasserdurchtränkter Boden, in dem der unvorsichtige Fuß gar zu leicht versinken konnte. Was manDamm nannte, war weiter nichts, als ein leidlich sicherer Paß durch das Bruch, keineswegs ein Steindamm, wie man nach dem Namen glauben möchte. Scherzhaft erzählt das Volkslied vom Pommernherzog, der 1B84 hier gegen Ludwig den Älteren anrückte, daß er vor dem Damme sein Lager aufgeschlagen habe, weil er meinte:

Dat is en garstig Lock,

Da mütten wir nich dorchrieden,

Et mögt uns kosten unsen Rock Wir willen man liier bliven.

Heute hat das Luch seine Schrecken verloren. Neben der Chaussee durchschneidet die Eisenbahn seine Fläche, und unter beiden hindurch zieht sich der Ruppiner Kanal, ein Werk Friedrichs des Großen, teils der Entwässerung dienend, teils der Fortführung des Torfes, der- weiter westlich bei Linum gestochen wird. Der Mensch hat das Moor bezwungen, und wenn wir jetzt noch einen letzten Blick vom Waldrande auf das Luch werfen (Fig. 1), dann mögen wir es uns für die Folge einprägen, daß unsere großen Moore, so wie sie heute vor uns liegen, schon sehr entschiedene Umgestaltungen durch die menschliche Pflege erfahren haben. Was dadurch dem Volkswohlstand unserer Provinz gewonnen worden ist, das wird uns klar, wenn wir bedenken, daß allein die großen Luch­flächen im Spreewald, im Warthe-, Netze- und Oderbruch, im Havel­ländischen und im Rhinluche zusammen etwa/u der Provinz Branden­burg umfassen, wovon der größte Teil in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I und Friedrichs des Großen nutzbar gemacht wurden. Wir wandern von Kremmen weiter gegen Westen, den Weg, den die preußische Geschichte genommen hat, vom Kremmer Damm nach Fehrbellin.''

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