Heft 
(1912) 20
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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Im linken Flügel sehen wir oben die Figuren König Philipps von Schwaben und seines Freundes, des Markgrafen Dietrich des Bedrängten von Meißen. Darunter ist die Anbetung der heiligen drei Könige dargestellt. Im rechten Flügel steht im oberen Teile neben dem Papste Innocenz III. der hl. Sebastian. Darunter stehen links der hl. Philippus mit dem Kreuz­stab und neben ihm der hl. Johannes.

In der Predella erblicken wir fünf Figuren von Märtyrern. Von links nach rechts sind es der hl. Paulus mit dem Schwert, der hl. Judas Thaddäus mit der Keule, die hl. Katharina mit dem Rad, der hl. Stephanus mit Buch und Steinen (den Werkzeugen seines Todes) darauf und der hl. Augustinus. Über dem Schrein erhebt sich ein Aufsatz. Zwischen gewundenen Säulen steht das Kreuz mit Jesus daran, rechts davon der hl. Johannes, links die hl. Maria. Über jeder Figur ist als Abschluß ein Baldachin angebracht, über dem einen Doppelbogen von einer Kreuzblume gekrönt wird. Der Doppelbogen über dem Baldachin der Christusfigur trägt auf einem kleinen Sockel den Auferstandenen mit der Siegesfahne.

Vergleicht man die drei Teile des Altaraufbaues, so ergibt sich, daß jeder Teil von einem andern Meister verfertigt worden ist. Die Figuren im Schrein und in seinen Flügeln sind wunderbare Holzschnitzereien; die Zier­lichkeit der in der Ausführung der Einzelheiten bei jeder Figur, die Zierlich­keit der Ranken, der Distelornamente, ist bewundernswert. Auch die Malereien des Hintergrundes waren von schönster Ausführung; ihre Schönheit ließ sich Inoch auf dem ehemaligen Hintergründe erkennen. Jedenfalls zur selben Zeit ist auch der Aufbau angefertigt worden, doch ist es einem andern Künstler zuzuschreiben. Das hervorragendste Kunstwerk im Aufbau ist der Kopf der Christusfigur. Daß ein anderer Meister der Verfertiger ist, sieht man z. B. aus der verschiedenen Auffassung der Figur des hl. Johannes. Während er im Aufbau mit dem Buch in der linken Hand, die rechte wie predigend er­hoben, dargestellt ist, hat er im rechten Flügelschrein (unten) das Buch in der rechten Hand, dagegen die linke leicht vorgestreckt ganz frei, d. h. ohne die ihm sonst gebräuchlichen Attribute, den Kelch mit der daraus kommenden Schlange haltend. Vielleicht ist das Fehlen dieses Merkmals auf ein Versehen bei der Instandsetzung zurückzuführen. Auch die Aus­führung der Haartracht, des Gewandes unterstützen die Annahme von ver­schiedenen Arbeiten. Dies tritt nun bei der Tredella, dem dritten Stück des ganzen Altaraufbaues, erst recht in Erscheinung. Schon die photographische Wiedergabe läßt die plumperen Formen erkennen, in denen die Figuren aus­geführt sind; ferner spricht dafür die geringe Fertigkeit des Meisters in der Behandlung der Gewandung, der Köpfe, der Haar- und Barttracht. Auch das Ornament und die Malerei sind nur als mäßige Leistungen anzusprechen. Hinzuzusetzen wäre noch, daß alle Figuren vielfarbig bemalt sind. Die Höhe des Aufsatzes beträgt etwa 2 in, seine Breite F^m. (Hoffentlich läßt nun auch die Renovierung der Reste gotischer Wandmalerei in Chor und Apsis nicht mehr lange auf sich warten). Bei der Bestimmung der Figuren bin ich durch Herrn Pfarrer Jeder von der Liebfrauenkirche in liebenswürdigster Weise Unterstützt worden; dem Herrn sei auch an dieser Stelle nochmals gedankt.

R. Scharnweber.