Kleine Mitteilungen.
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daß der Deutsche sein „Kneipen“ doch immerhin mit einer gewissen Poesie betreibt. Wenn ich auch absehen will von den mehr oder minder witzigen Namen der Wirtshausschilder (die Romanen in Belgien beispielsweise leisten darin auch Erfreuliches), so hat doch keine Nation auch nur annähernd so viele und treffende Bezeichnungen für den aus dem Trauben- oder Gerstensaft ersprießenden mehr oder minder hohen Grad der Seligkeit als unsere Sprache. Weiter aber fand ich bei meinen ziemlich umfangreichen volkskundlichen Studien bei keinem Volke eine so große Zahl vielfach recht heiterer und witziger Kneipsprüche als bei. unseren Stammesgenossen. Deshalb mag es mir verziehen sein, wenn ich in diesen Zeilen eine Fortsetzung bieten will zu meinem früheren Artikel: Neue Sprüche, gesammelt in der Mark (Brandenburgia XVII, S. 578 ff.
Wie billig, beginne ich mit unserer Mark. Gelegentlich eines kleinen Ausfluges in diesen wenigen Herbstferientagen fand ich in einer sehr besuchten Eckkneipe Berlins gegenüber dem Stettiner Bahnhof gleich drei recht interessante Sprüche, deren erster eine hübsche Lebensweisheit atmet. Er lautet:
Ein guter Trunk und ein guter Rat Kommt nimmer zu früh und selten zu spat.
Ihm schließt sich die Umschreibung eines Sprichworts an:
Springt Dir Dein Glas einmal in tausend Stück,
Sei nicht betrübt, denn Scherben bringen Glück.
Daß es im Leben manchmal recht ungerecht zugeht, ersehen wir aus dem dritten Verse:
Der eine trinkt und kommt nicht aus dem Glase,
Der andere flieht den Trunk und hat die rote Nase.
Im goldnen Löwen zu Prenzlau las ich an der Wand das kräftige Sprüchlein:
Gutes Bier und wahres Wort Selten wird’s an jedem Ort.
Aut einem an gewissen Orten weit verbreiteten Reklameschild eines Berliner Gastwirts lesen wir beide etwas leichtlebige Maximen oder Behauptungen :
a) Was nützt das Geld, wenn mans behält,
Man lebt nur einmal in der Welt.
b Gerstensaft gibt Mut und Kraft,
Stärkt Kranke und Gesunde,
Auch bis zur letzten Stunde.
Machen wir nun gleich einen weiten Sprung nach Westen ins Braunschweiger Land; da fand ich im schön gelegenen Dorfe Dannhausen am Fuße des Solling den Bewillkommnungsspruch vom Wirt:
Gott zum Gruß, geehrter Gast,
Laß’ in diesen heit’ren Hallen Dir's so lange Wohlgefallen,
Als Du Durst und Späne hast.