Heft 
(1892) 1
Seite
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Kleine Mitteilungen.

Die leichtsinnige Jugend findet sich hier in zahlreicher Menge ein, durchstreift alle Gänge des Gotteshauses, und macht auf jeden weiblichen Gegenstand, von dem sie glauben, dass er ihre MUhe nicht unbelohnt lässt, förmlich Jagd. Sie vergessen, dass es das Gotteshaus ist, und profaniren diese heilige Stätte durch schändliche Reden und Geberden, die das Auge des wahren Gottesverehrers auf das anstössigste beleidigen. Wahrlich! cs ist etwas schreckliches, dass man die Heilichkeit eines Ortes, der nur der stillen Andacht von tausenden geweiht seyn sollte, zu einem Tempel der Wollust macht.

S. 50. Christmarkt. Hier ist es wie in Leipzig. Man kommt nicht dahin, um die Seltenheit und Schönheit der Waaren, die sich da befinden, zu bewundern; sondern nur um Menschen zu sehen. Des Abends wird er am häufigsten besucht, und da fällt freylich auch jeder Gegenstand besser in die Augen. Tausend Menschen kreutzen hin und her; von allen Seiten wird man gestossen und gedrängt. Eine Menge von Wagen, die hin und herfahren, verursachen, dass man oft seines Lebens nicht sicher ist.

Hier werden Liebesgeschichten zur Reife gebracht, die sonst in keinem Fall statt finden würden. Der dunkle Schleyer der Nacht deckt sorgfältig mit seinen schwarzen Flügeln die Auftritte der Liebe.

Man kauft dem Gegenstand seiner Liebe allerhand unbedeutende Kleinig­keiten, welche zu so einer Zeit oft mehr Eindruck machen, als zu einer andern, Geschenke von Wichtigkeit. Doch herrschen bey dieser Gelegenheit nicht solche Ungezogenheiten, als wie in Leipzig.

S. 51. Lindenpromenade. Diese ist im Sommer sehr angenehm und erquickend, man hat alles angewandt, um diesen Spaziergang bequem zu machen, und die Berliner sind den Männern viel Dank schuldig, die es so weit brachten, worin sie jetzt ist. Schade, dass die schönsten von diesen Bäumen meistens absterben, woran vermutlich der Kalkstaub der neu er­bauten Häuser Schuld seyn mag. Man setzt zwar immer junge Bäume an ihre Stellen, aber sie kommen nicht fort, und verdorren, wenn sie eine Zeit- lang gestanden haben. Es wäre zu beklagen, wenn diese schöne Promenade eingehen sollte; Berlin würde da eine grosse Annehmlichkeit verlieren, und das Vergnügen der Einwohner würde sehr darunter leiden.

(Mitgeteilt vom Märkischen Provinzial-Museum.)

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Tierleben der Provinz Brandenburg. (Aus den Sammelkästen des Märkischen Erovinzial-Museums.)

I. Schlangen.

1 1. Von einer Kreuzotter gebissen wurde anfangs der vorigen Woche

die 13 jährige Tochter eines in Friedrichsberg wohnenden Drechslers, welche mit einer Altersgenossin nach der Wuhlhaide gegangen war. Der linke Fuss der Kleinen, in dem sich die Bisswunde befand, schwoll zusehends an, und ? das Mädchen musste auf ärztliche Anordnung in ein Krankenhaus gebracht werden. Aus demselben wurde es nun zwar als geheilt entlassen, aber vor einigen Tagen machten sich eigenartige Symptome bei der Patientin be-