Issue 
(1894) 3
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Kleine Mitteilungen.

13 . Die Schafklauen - Muschel, Dreissena polymorpha Pallas (= Tichogonia Chenmitzii Rossmässler, Stein, die leb. Schnecken 11 . Muscheln Berlins, S. 100 T. 3 Fig. 9). Nach Stein a. a. O. ist die Muschel zu Anfang dieses Jahrhunderts wahrscheinlich mit Flossholz aus der Wolga (?) ein­gewandert und war um 1800 hier noch so selten, dass einzelne von Berlin nach Wien gesandte Stücke mit etwa fünfzig Pfennig bezahlt wurden. Ihre allmähliche Verbreitung ist sehr merkwürdig und überraschend schnell vor sich gegangen. Gegenwärtig haben unsere grossen Landseen z. B. der Müggel- See, Schwielow-See, Tegeler-See am Ufer bereits wahre Bänke und Ab­lagerungen abgestorbener und gewissermassen subfossil gewordener Dreissenen aufzuweisen, so dass sie zum Kalkbrennen benutzt werden könnten. Eigen­tümlich ist es, dass sich bei Baumgartenbrück die Dreissena, die während der untern Diluvialepoche mit Lithoglyphus naticoides bei uns bereits einmal heimisch gewesen ist, im fossilen, untordiluvialcn Zustande, wie Berendt (die Diluvial-Ablagerungen der Mark Brandenburg, Berlin 1803, S. 41 1 schon angedeutet hat, am Bergabhange vorlindet und sich dort mit reccnten Schalen von Pr. vermischt, welche der Wellenschlag, der Eisschub und der Sturm­wind an demselben Abhang in die Höhe befördert.

Obwohl das Volk den kleineren Tieren der Kegel nach eine besondere Aufmerksamkeit nicht schenkt, so ist ihm das massenhafte Vorkommen der cingewanderten Muschel doch nicht entgangen. Am Müggel-See in Fried­richshagen hat dieselbe sogar einen eigenen Namen erhalten, der Volks­mund nennt sie nach Mitteilung unseres am Müggel-See gross gewordenen Mitgliedes Hermann MaurerSchafklauen. Diese Bezeichnung ist nicht übel gewählt, da die einzelne Muschelschale in der That mit einer einzelnen Schafklaue eine gewisse äusserliohe Ähnlichkeit hat. Der Volksname Schaf­klaue für Dreissena möge hiermit in die Wissenschaft eingeführt sein und ist um so interessanter, als er beweist, wie die neubildende Sprachkraft des Volkes denn doch noch nicht völlig im Deutschen erloschen ist. Eine solche volkstümliche Neubenennung eines Tieres ist wohl berechtigt und klingt ganz anders als die Verdeutschungskünsteleien eines Lorenz Oken, welche, gleich denjenigen seiner Nachtreter, niemals dem Volksgeist genehm, niemals dem Volksmund bequem werden können. Letzteres gilt auch von vielen der Steinschen Verdeutschungen in seinem mehrerwähnten Büchlein.

Ernst Friedel.

Kleine Mitteilungen.

O

Ein Märker des 17. Jahrhunderts über vorgeschichtl. Urnen.

Von Dr. Otto Pniower.

Dass das Interesse für die Praehistorie nicht von heute ist, sondern dass die Aufmerksamkeit der Forscher schon frühe auf vorgeschichtliche, in der Erde vergrabene Gegenstände gerichtet war, dürfte bekannt sein. Bis ins 16. Jahrhundert kann man dieses Studium verfolgen. Man braucht nur