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Veneta.
Worte spricht er, welche lauten: Schön ist drüben es in Sachsen,
In dem alten Lutherlande,
Ziel und Endpunkt unsres Wallens;
Aber schöner ist der Himmel,
Den verwirkt hat Genfer Irrthum Und der, nach des Leben’s Mühsal, Sich erschliesst nur wahren Christen.
Bluteten in der Arena Märtyrer nicht todesmutig?
Schreckte etwa sie der Holzstoss Lodernd mit hispan’scher Flamme ? Wenn sie uns aus Amt und Würden Stossen, warum drob verzagen?
Gottes Wille mag erfüll’n sich!
Unser Loos ist’s, Leid zu tragen.
II.
Da, wo zwischen Mark und Lausitz Still und menschenleer die Ilaide Unbeschreiblich öde Flüchen Dehnet, die den Brand sie nennen, Steht, aus Lehm und Rasenstücken Roh gefüget, ein Gemäuer,
Dessen moosumgrüntes Schilfdach Nieder sich zur Erde blicket.
Ist ein Wirtshaus und es gleichet Jener Herberg’ in der Wüste,
Von der hefige Schrift liisst reden Den Propheten Jeremias.
Nennet Uber morschem Thorweg Es ein Schild zum toten Manne. Andrem Mann, recht wegesmüde,
Leiht der Tote heut sein Obdach.
Ärmlich war der Tisch bestellet Wo das Brod sie brachen abends. Fromme Reden mussten’s würzen, Denen lauschten Wirt und Wirtin, Lauschte auch des Flüchtlings Gattin, Die, verzweifelnd und gebrochen, Gestern, gleich dem Weibe Hiobs,
Ihn noch schalt mit herber Klage,
Dass in schlimmer Zeiten Trübe Sich zu fügen nie gelernt er.
i Heut nun öffnet der Entsagung | Balsam sie die bange Seele, i Statt der Betten, Stroh zum Lager. I Unter Gottes Vaterauge j Mag entschlummern der Gerechte, Wird im Schlafe frei von Sorge.
Nachts um zwölfe klopfts am Fenster. Stimmen fordern, dass man öffne, Doch des Wirtes Antwort lautet: Offen steht mein Haus bei Tage,
Nicht in finstern Mitternächten Wo der Räuber draussen strolchet Und die diebischen Zigeuner Treiben ihr verruchtes Handwerk.
Sprach zum Wirt Herr Paulus
Gerhard:
Wandrer sinds gewiss rechtschaffen, Matt und angstvoll vor den Wölfen. Lasst sie ein auf meine Bürgschaft.
Als sich die an Trank und Speise Hatten in der Hast gelabet,
Als erfrischt sie ihre Rosse
Mit dem Wasser aus dem Ziehbrunn’,
Wollten sie von dannen reiten. Wohin gehet eure Reise?
Müssen spornstreichs nach Berlin hin Einen Prediger zu holen,
Den der gnäd’ge Herr von Sachsen Für sein Land gern möchte werben,
Ehe dort vielleicht sie lassen Eines schlimmen Tods ihn sterben.
Heisst Paul Gerhard. — Von den Liedern,
Die er dichtete, ertönen Di e Luther’schen Kirchenmauern Und darinnen alle Herzen.
Seht ihn vor euch! war die Antwort. Die Berufung aus der Tasche Zog der Bote. — Lest! Der Kurfürst Macht zum Pfarrer euch in Lübbeh.
Ist gescheh’n auf halber Strasse Einst zwischen Berlin und Lübben. Händefaltend sang Paul Gerhard Dort: Befiehl’ du deine Wege.
Für die Redaktion: Dr, Eduard Zache, Demminerstrasse 04. — Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.
Druck von P. Stankiewicz’ Buclidruckerei, Berlin, Bernbürgerstrasse 14.