Heft 
(1900) 9
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18. (9. ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

Diese Sache erregte, wie schon angedeutet, ein grosses Aufsehen in der damals so abergläubischen Zeit, verletzte aber auch die Züllichauer Obrigkeit und erbitterte sie gegen den Dichter und Buchdrucker Schwartz.

Der Verfasser der Züllichauer Chronik (gedruckt im Berl. Geh. St. A., herausgegeben von Christoph Wilken, Züllichau 1753) bemerkt dazu: Dieses Brodt ist auf Befehl des Magistrats aufs Kathhaus gebracht und be- j sehen worden, weil man ausgebranst, dass der Becker M. Wentzcl erschrocken, und nicht gewusst, wie er es aus dem Ofen bringen sollte. Da sich denn befunden, dass dieses ausgewirkte Brodt, ehe es in den Ofen kommen, von dem Weibe oben mit 8 oder mehr Creutz-Schnitten gezeichnet worden. Dieses Zeichen hatte die Hitze des Ofens in die Höhe getrieben; weil es nun wegen der Creutzschnitte würflich aussahe, solte es eine wulst oder Weiber- I aufsatz bedeuten. Dieser Kleberanst ward abgeschnitten und im Uathhausc aufgehoben, das Brodt aber dem annen Weibe wiedergegeben, mit der Er­innerung, sie solte es in Gottes Nahmen verzehren, weil alles gar natürlich damit zugegangen, und sich keine ungleiche Gedanken davon beybringen lassen. Ich habe dies abgeschnittene Stück Brodt, welches in der Breite etwa 3quer Finger austrug, im Rathhause selbst gesehen, und nicht die ge ringste lihnlichkeit daran gefunden, die eine Fontangc vorstellen können. Hingegen hatte der Crossenschen Buchdrucker, Michael Schwartz, der ehemals in Züllich wegen des gediuckten Seculum Brandenb. eingezogen worden, ein recht weiber-Gesichte mit einer Fontangc in seinem Holzschnitte auf das Bild des Brodtes gesetzt, und erlogene, alberne verso dazu gedruckt, welche sein so genandter Schwagor, der alberne Matthes Schmidt, im Lande herumb- ragen musste. Er wäire aber bald Übel angekommen, und musste sich ge­waltig aufs bitten legen, als Ihn E. E. Rath zu Züllich in Crossen verklagte und die annoch vorhandene Exemplaria conflsciren lies. pp. Es sind der­gleichen Figuren an den Brodten gar nichts ungewöhnliches, und könten viel Exempel angeführet, dass sich die Gestalt eines Creutzes, Eyes, Eichel und dergleichen auf den Brodten hervorgethan, nachdem man das Zeichen darauff gemacht.

Der hohe Kopfputz Fontange hat übrigens seinen Namen von einer Geliebten Ludwigs XIV. Marie Angelique de Scoraille de Roussile (geh. 1661, Tochter eines heruntergekommenen Edelmannes), die er mit 17 Jahren zur Edeldame der Königin-Mutter machte. Bei aller geistigen Beschi'änktheit wusste die junge Schöne den Roi Soleil, welcher der Marquise von Montespan überdrüssig war, der Art zu fesseln, dass er sie zur Herzogin von Fontanges machte und ihr eine Monatsunterstützung von 100000 Thalern aussetzte. Sie gab bald die Moden an; als ihr bei einer Jagdpartie der Wind den Kopfputz in Un- oidnung gebracht hatte, nahm sie zu einem selbst gewählten Aufbau von Blattwerk ihre Zuflucht, das sie durch ein auf der Stirn geknüpftes Band befestigte. Dieses Impromptü wurde für reizend befunden, sofort

nachgeahm t und alsFontangeüberdieganzeDamenweltEuropas verbreitet*).

*) 1)16 Herzogin starb übrigens schon am 28. Juni 1681 an den Folgen einer Entbindung in der Abtei Portroyal zu Paris.