Heft 
(1900) 9
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18. (9. ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

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Die Geistlichkeit wütete gegen die neue Tracht von der Kanzel. Verschiedene Pamphlete gegen die Fontange-Mütze aus damaliger Zeit sind noch erhalten, z. B.die Sturmhaube des heutigen Frauenzimmers (1090); Ilohen-Uffer:die verabgötterte Fontange (Frankf. 1090);die bestialische Fontange (1090). Selbstverständlich war, more solito, der Modeteufel stärker, und die vornehmen wie geringen Frauen und Mädchen bis in die kleinen Städte wie Crossen und Züllichau hinein huldigten der neuen Tracht, deren Verbreitung durch die neumodischen Sitten der geflüchteten Iluguenotten begünstigt wurde.

I. Herr E. Friedei gedenkt der Zweihundertjahrsfeier der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in An­lehnung an die Staatsfeier, welche am 19. im Weissen Saal des Residenz­schlosses, und an die wissenschaftliche Feier, welche gestern in dem Sitzungssaal des Hauses der Abgeordneten, Prinz Albrechtstr. Nr. 5 statt gehabt und zu welcher der Vorstand derBrandenburgs Ein­ladungen erhalten hat.

Der Vortragende verweist im Allgemeinen auf das dreibändige Pracht werk Professor Dr. Harnacks, welches soeben als Geschichte der Akademie der Wissenschaften zu Berlin auf Veranlassung dieser Körperschaft erschienen ist und begnügt sich darauf hinznweisen, welche specielle Wohlthat speciell für Berlin und die Mark Brandenburg die Begründung derSozietät der Scientien durch Leibniz war und wie dankbar wir dem Hofprediger Friedrichs III. Jabionski und der klugen philosophischen Fürstin Sophie Charlotte sein müssen, denen es gelang, den Kurfürsten zu bestimmen, dass er am 19. März 1700 auf der Fahrt von Berlin nach Oranienburg sein Einverständnis mit der Gründung erklärte.

Denn in Berlin und in der Mark herrschte noch krasser Aber­glaube zur Zeit der Regierung des Grossen Kurfürsten und zu Anfang der des ersten preussischen Königs. Dass der Hexenglaube noch blühte, ist bekannt, aber auch die Alchymie triumphierte noch über die Chemie, die Goldmacherei beschäftigte einen Kunckel und König Friedrich I. liess einen prahlerischen armen Teufel, weil er nicht Gold zu machen verstand, in einem Goldflitterkleid aufhängen. Ebenso interessierte sich die gebildete Welt mehr für die Astrologie und das Horoskop als für die Astronomie.

An unreifen Versuchen auf Begründung einer allgemeinen wissen­schaftlichen Vereinigung hat es bereits unter dem Grossen Kurfürsten nicht gefehlt. Eine Gelehrtenstadt sollte begründet und in ihr für die Bürger die lateinische Sprache als Umgangsidiom eingeführt werden. Ziesar oder die Müggelberge sollten die Stätte für die neue Gelehrten- Republik hergeben. Wilibald Alexis in seinem vaterländischen Roman Dorothea hat sich dies Thema, wenn auch mit dichterischer Ausschmückung,