42
18. (9. ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
nicht entgehen lassen. Bereits i. J. 1088 hatte der 21jährige Leibniz dem Kurfürsten von Mainz den Plan einer Wissenschafts-Societät unterbreitet, der aber ganz unpraktisch erschien. Drei Jahrzehnte gaben dem grossen Polyhistor die nötige Müsse seine Vorschläge auf das Praktische zu koncentrieren, bis er endlich als Nachfolger des Historiographen Pufendorf im Frühjahr 17UU nach Berlin berufen, ein geläutertes Projekt unterbreiten konnte.
Es sei vergönnt, noch die herrlichen Worte zweier Redner, uusers Kaisers am 19. und Adolf Ilarnack’s am 20. d. M., zu wiederholen.
Unser Monarch sagte von der Akademie am Schluss seiner Ansprache: „In dieser selbstlosen Hingabe, der sie Grosses zu danken hat, und die ihr weiterhin den Erfolg des Schaffens verbürgt, dient sic zugleich dem gottgewollten Ziele alles Wissens, die Menschheit tiefer in die Erkenntnis der göttlichen Wahrheiten einzuführen. Wie die Naturwissenschaften im letzten Ziele den Urgrund alles Seins und Werdens zu erforschen trachten, so bleibt, wie es Goethe — selbst einst auswärtiges Mitglied dieser Körperschaft — ausgesprochen hat, „das eigentliche, einzige und tiefste Thema der Welt- und Menschengeschichte, dem alle übrigen untergeordnet sind, der Konflikt des Unglaubens und Glaubens“ und, wie in seinem Sinne hinzuzufügen ist, die Bethätigung Gottes am Menschengeschlecht. So bewllhrt sich auch an Ihren Arbeiten, wie es Leibniz wollte, dass durch die Wissenschaften „die Ehre Gottes und das Beste des ganzen menschlichen Geschlechts beständig befördert wird.“ Dass dies allzeit geschehe, dazu walte der Segen des Höchsten über Ihnen auch im neuen Jahrhundert “
Harnack schloss seine geistvolle Rede wie folgt:
„Die Wissenschaft ist nicht die einzige Aufgabe der Menschheit und auch nicht die höchste. Aber Die, denen sie befohlen ist, sollen sie von ganzem Herzen und mit allen Krlfften treiben. Wie verschieden sich auch die wissenschaftlichen Epochen gestalten mögen, im Grunde bleibt die Aufgabe immer dieselbe: den Sinn für Wahrheit rein und lebendig zu erhalten und diese Welt, die uns gegeben ist, als ein Kosmos von Kriiften, nachzuschaffen als einen Kosmos von Gedanken. Möge es unserer Akademie auch in ihrem dritten Jahrhundert beschieden sein, an diesem Werke der Menschheit mitzuarbeiten und mögen ünstere Mächte ihr fernbleibcn; möge das Lieht, das im Anfang war, ihren Weg bestrahlen, und das Wort, das im Anfang war, ihrem Geiste leuchten.“
Diese Wünsche macht die „Brandenburgia“ am heutigen Abend gern auch zu den ihrigen.
Noch sei verstattet, auf das interessante Siegel der Akademie der Wissenschaften hinzuweisen. Es führt die Umschrift: Sigill. Reg. Academiae Boruss. Über einer vieltiirmigen Stadt steigt der naturalistisch-stilisierte Adler auf hinwärts nach dem über ihm sichtbaren Sternbild des grossen Bären oder Wagen. Darüber die absichtlich mehrdeutige Inschrift: Cognita Ad Sidera Tendit, d. h. das Erkannte dehnt sie bis zu den Gestirnen aus, wobei man zunächst an die Stern-