Heft 
(1900) 9
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2. (1. ordentliche u. Haupt ) Versammlung des IX Vereinsjahres.

Vortrag dos Herrn Professor Dr. Kriiner,Märkischer Handel im Mittelalter, im Auszug.

Hochverehrte Versammlung! Handel und Verkehrslehen des Mittelalters in ihren glänzendsten Formen erscheinen uns meist ge­knüpft an die Handelsplätze mit hochherühmter Stadtgeschichte. Wir denken da wohl an die stattlichen Tagungen rheinischer Kaufmanns- gilden im Kölner Gürzenich, wir versetzen uns in den Kreis der ernsten hansischen Handelsherren im Bremer Schütting, wir nehmen im Geiste teil an den Sitzungen der Danziger Patrizier in den weiten Hallen des hochragenden Artushofes. Doch nicht zu diesen vielgefeierten Stätten mittelalterlichen Grosshandels lenken wir heute unsere Schritte. Wir wollen vielmehr heute aufsuchen deren Beziehungen zu unserer heimischen Mark, die erst spät nach allen in den Kreis des damaligen Verkehrslebens eintritt und im Mittelalter wenigstens ihre grossen Rivalen nie erreicht hat, die als einzige in allen deutschen Gauen, wie man oft gesagt hat, keine Heiligen und keine Ketzer hervorgebracht hat.

Über den Handelsverkehr in der Mark haben wir für jene Zeit ausser den Zollverträgen der Städte und den Hanserezessen nur dürftige Nachrichten. Den Verlauf der Handelsstrassen lässt uns die Ihnen hier vorliegende Peutingerische Tafel aus dem 4. nachchristlichen .Jahrhunderte, welche entsprechend den römischen Reichsgrenzen östlich über den Rhein und nördlich über die Donau kaum hinausgeht, nur in den An­fängen erkennen. Rechts davon sehen Sie die ein Jahrtausend jüngere Ebstorfer Weltkarte aufgespannt; sie reicht im Nordosten zwar bis Stargard und Danzig, gewährt daher über einen grossen Teil des nord­östlichen Deutschlands, insbesondere von dem Verlaufe seiner Strassen ein überaus anschauliches, dem Geschmacke jener Zeit entsprechend farbenprächtiges Bild; indessen ist schon früh aus dem Originale ein grosses Quadrat, einen Teil des Spree- und Odergebietes umfassend, herausgeschnitten und die Weltkarte dadurch im besonderen für uns erheblich entwertet worden. Besser können wir die Entwicklung der märkischen Handelsstädte an den Übertragungen des Magdeburger (MagdeburgBrandenburgBerlinFrankfurt a. 0.) und des Lübischen Rechtes (SoestLübeckSalzvvedclStendal) erkennen. Während uns für das übrige Reichsgebiet Reisebeschreibungen aus mittelalterlicher Zeit in grösserer Zahl zur Verfügung stehen, fehlen dieselben für die Mark gänzlich, ebenso genauere Nachrichten über die damaligen Handels­häuser, wie denn Berlin z. B. ausserhalb der Fischerinnung keine mehr als zwei Jahrhunderte weit zurückreichenden Firmen kennt (die älteste die Splittgerbersche, jetzt Schickler).

Die ältesten Zeugnisse für die steigende kommerzielle Bedeutung Berlins sind das Privileg der Wollenweber von 1272, die Anerkennung der Berliner Münze in dem mittelmärkischen Münzbezirke 128U und die