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9. (6. ausserordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.
Neben den reichen Sammlungen aus allen deutschen Gauen schliesst das Museum auch Gegenstände aus der Volkskunde der Mark Brandenburg ein, von denen besonders die Trachten und die Spreewaldstube auffielen.
Das Museum ist im Schoosse der Berliner „Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte“, die in ihren Verhandlungen sich bereits häufig mit den Resten bäuerlicher Kultur beschäftigt hatte, gegründet worden, nachdem schon vorher Versuche gemacht worden waren, eine solche Abteilung mit dem im Bau begriffenen Museum für Völkerkunde zu verbinden. Aus Räumlichkeitsgründen liess sich dies nicht durchführen und so vereinigte 1888 der unermüdliche Prof. Rudolf Virchow einen engeren Ausschuss, der die Schaffung einer solchen Sammlung in die Hand nahm und zu seiner Unterstützung einen besonderen Museums- Verein bildete. Das Glück war dem Unternehmen günstig; denn es gelang in wenigen Jahren eine Sammlung deutscher Volksaltertümer zusammenzubringen, die nicht nur einzig in ihrer Art ist, sondern bald das Dreifache der ihr anfangs von dem damaligen Kultusminister zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten füllen konnte. Man wiederholte hier also den Vorgang, der einige Jahrzehnte vorher zur Gründung des Kunstgewerbemuseums geführt hatte; von vornherein war auch wie bei diesem die Absicht massgebend, die gesammelten Gegenstände dem Staate zu übereignen, wenn er die Fortführung übernehmen würde.
Die Verhältnisse haben die Ausführung dieses Planes bisher noch nicht weitergeführt, obwohl die ins Grosse gewachsenen Aufgaben die Kräfte von Privatpersonen zu übersteigen beginnen. Schon heute verschlingen die Unterhaltungskosten die wenigen durch die Mitglieder aufgebrachten Beiträge, während ein grosser Teil der Gegenstände in Kisten, Kasten und Kellern verpackt, aus Raummangel nicht zur Aufstellung gelangen kann. Es ist die allerhöchste Zeit, dass hier Wandel geschafft, dass wenigstens das bisher Erreichte von dem Staate übernommen wird.
Die bisherigen Bestände schliessen so ziemlich alles ein, was für Kenntnis und Verständnis der breiten Volkskultur von Belang ist. Dementsprechend ist das Sammlungsgebiet ein sehr ausgebreitetes, indem künstlerische, wirtschaftliche und ethische Zeugnisse aus der deutschen Volks Vergangenheit vertreten sind. Neben der Art des Wohnens, die in Plänen, Bildern und nach Thunlichkeit in wirklichen Gegenständen zur Darstellung kommt (in den Lageplänen der Siedelungen und der Höfe, den Modellen und Teilen von Häusern, Giebelverzierungen, Schliess- vorrichtungen, Thürklopfern, Hausmarken) ist der Hauseinrichtung und dem Haushalt (Leuchtern, Lampen, Steinfeuerzeugen, sonstigen Küchengeräten, Geschirren, Back- und Butterformen, Kesseln und Grapen, Dreifüssen, Kesselhaken, Mangelhölzern, Glätte- oder Gnidelsteinen, Mahl- und Stampfgeräten, Tischen, Stühlen, Bänken, Bettläden, Truhen, Schränken,