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Kleine Mitteilungen.
Ich möchte glauben, dass noch manche andere Städte einen "Parchen“ aufzuweisen haben, namentlich solche, bei denen mit den alten Befestigungen noch nicht vollständig aufgeräumt ist. In Grünberg trug der Parchen noch den zweiten Namen Zwinger, der aber wahrscheinlich jünger und von der späteren Verwendung des Terrains als Schiessgraben der Schützengilde veranlasst ist. In Züllichau heisst die gleiche Örtlichkeit an der äusseren Stadtmauer „Reul“.
Charlottenburg, März 1895. A. Foerster.
Verein der Freimütigen.*) Der wohl auch in weiteren Kreisen bekannte „Verein der Freimütigen“ feiert in diesem Jahr sein 50jähriges Be- stehen. Dies gab Herrn Gotthelf Nathanson, dem jetzigen zweiten Vorsitzenden des Vereins, an dessen Spitze Richard Schmidt-Cabanis steht, Veranlassung, „einen Rückblick auf die Vergangenheit“ der Vereinigung zu werfen.
Der Verein hat wie alle solche Genossenschaften gute und böse Tage gesehen. Er nahm einen raschen Aufschwung, gelangte zu hoher Blüte, verfiel gelegentlich, um dann wiederum zu einer gewissen Höhe aufzusteigen. Er begann als ein echtes Kind deutscher Vereinsmeierei, indem er aus einem Verein zur Abschaffung des Hutabnehmens beim Grüssen erwuchs. Sehr bald aber nahm er einen höheren, litterarischen Charakter an, indem er sich in eine Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen umwandelte. Seine specitische Eigenheit erlangte er in der Pflege des Humors, der besonders in scherzhaften Gedichten, satirischen Festspielen, karnevalistischen Veranstaltungen u. dgl. zum Ausdruck kommt. Mit solchen Leistungen stellte sich der Verein dann auch wiederholt in den Dienst der Wohlthätigkeit.
Zu seinen Ehrenmitgliedern gehörten von jeher namhafte Künstler und Schriftsteller. Wir nennen hier die Schauspieler Gern und Hendrichs, Rott und Louis Schneider, Anton Rubinstein, Rudolf Löwenstein David Kalisch. Dieser dichtete auch einmal in Gemeinschaft mit seinem Freunde Ernst Dohm eine Posse für den Verein. Adolf Glassbrenner war lange Zeit hindurch sein erster Vorsitzender. Im Jahre 1848 griff der Verein unerachtet seiner rein geselligen Tendenz in die Politik ein und liess Wahlaufrufe drucken, um bestimmte Männer als Kandidaten zu empfehlen. Welches Licht wirft das auf die Zustände dieses wilden Jahres!
Wir wünschen dem Verein ein weiteres fröhliches Gedeihen.
Dr. O. Pn.
*) Vergl. Monatsblatt. I. Jahrgang. S. 151.
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