Heft 
(1897) 6
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Theodor Fontane über das Berlinertum seit Friedrich Wilhelm III.

Theodor Fontane*)

über das Berlinertum seit Friedich Wilhelm III.

Unter Friedrich Wilhelm 111. herrschte Gerechtigkeit, noch viel mehr aber herrschte Duldsamkeit und Liebe. Nie hat die Welt etwas Ähnliches gesehen, auch in Duodezstaaten nicht, wie das damalige \ er- hältniss des preussischen Volkes, speziell der Bewohner der Hauptstadt, zu ihrem Könige. Auch das Confessionelle, speziell das Jüdische (die Lessing- Mendelsohnsche Zeit hatte dafür vorgearbeitet) schuf keine Schwierigkeiten mehr. Ja,väterliches Regiment, das alle Klassen gleich herzlich um­fasste, für alle Sinn und Verständniss hatte. Nicht nur das Bürgertum, auch das eigentliche Volk nahm an dieser Verbrüderung, au dieser von Demuth und Liebe getragenen Anerkennung des Menschlichen, im Gegen­satz zu der nur Phrase gebliebenen Proklamirung der Menschenrechte,Tlieil

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und jene merkwürdige Epoche brach an, wo nicht blos Willem,der vonsGe- riiste gefallen, sondern, literarisch angesehen, auch der EckensteherNante hoffähig wurde. Kein Offiziers-Casino, das damals nicht einen ausge­zeichneten Nante gehabt hätte. Die Tage des Königstädtischen Theaters, die läge, wo der zu spät, zur königlichen Tafel kommende Kronprinz sich mit den WortenNa Meester, darum keene Feindschaft nich hei seinem Vater entschuldigte, worauf dieser gnädig antwortete:Ach, Fritze, Du

*) Die Clichds von dem vortrefflichen Bilde unseres Ehrenmitgliedes Theodor Fontane nach Professor Hans Feehners Meisterwerk sowie von einer Handschrift des Dichters und obiger Aufsatz sind uns von den Autoren und dem Verleger, unserem Mitgliede, Herrn Verlagsbuehhändler Karl Siegismund freundlichst unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden, für welche schöne Gabe die Brandenburg^ hiermit verbindlichst dankt.