Heft 
(1897) 6
Seite
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Fragekasten.

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Ifon dem seit Jahrtausenden die Sage geht, dass er im Tode singe, ist im 4omesticierten Zustande in unseren Gewässern nicht vertreten. Nach branden- liurgischem Jagdrecht sind die Schwäne Regal der Krone, dürfen also von 4en sonst zur Wasserjagd Berechtigten nicht erlegt werden. Die Exemplare, »eiche sich im Tiergarten auf den Gewässern bei den Rousseau-Inseln und Ün Neuen See befinden, werden abgezählt dort ausgesetzt. Die sonstigen Sbhwäne der Spree in Berlin sind Ileruinstreicher, welche sich aus den Havel- gtewässern zwischen Spandau und Brandenburg hierher ziehen, teils solche Äxemplare, bei denen die Flügelverschneidung nicht der Art, um das Fliegen völlig zu verhindern, ausgeführt ist, teils andere Tiere, die der etwas grau­samen Operation sich geschickt zu entziehen gewusst haben. Über die Schleuse beim Schloss gehen diese eingewöhnten Schwäne im allgemeinen cht hinaus. Ganz ausnahmsweise kommt es vor, dass welche ausserhalb ad stromaufwärts der Oberbaumbrücke in die Spree einfallen. Sonderbarer eise pflegen die Tiere sich dort nicht lange zu halten; sie verschwinden bald wieder. Die Gründe hierfür sind nicht ganz sicher festzustellen.

Wilde Enten, sämtlich zur Species Anas boschas Linne gehörig,*) haben sich erst seit etwa 30 Jahren im Tiergarten und auf der Spree nieder­gelassen. Sie werden im Tiergarten an bestimmten Stellen gefüttert, haben der Nähe auch geschützte Brutstellen; das führt sie immer wieder dort- u. Da diese Wildenten vortrefflich fliegen können, so sind sie in ihren ewegungen gar nicht behindert und unternehmen oft, namentlich abends, eite Flugpartien. Das Betteln verstehen sie aus dem Grunde. An der ellevue-Brücke sah ich unlängst ihrer gegen vierzig diesem Geschäft ob- gen. Bevorzugte Almosenstcllen der Wildenten sind auch im Kanal an er Potsdamer und an der Hallcschen Brücke.

Die schlauen Tiere lassen sich hier durch den Lärm der Grossstadt icht beirren. Dabei sind sie stets wohl aufmerksam und verschlagen, lassen sich auch von Knaben, die sie mitunter mit Fäden, an die der Köder ge­tänden ist, zu erangeln suchen, nicht so leicht berücken.

Besungen hat übrigens J. W. L. Gleim**) den Schwan und die Ente der Spree bereits in der fridericianischen Epoche. Das Gedichtchen lautet:

Der Schwan und die Ente.

Ein edler Schwan, so weiss wie Schnee,

Bereiste seinen Strom, die Spree,

Mit ausgespannetem Gefieder.

Ein Ente schwamm ihm nach.Gevatter!

Vetter Schwan!

Fing sie sogleich zu schnattern an,

Singt ihr denn keine Lieder?

Ihr schweigt, ich weiss in Wahrheit nicht warum? Seid ihr denn etwa stumm?

) Auch Märzente genannt, die Stamm-Mutter unserer Ilausente.

' ) Johann Milhelm Ludwig.Gleim, geboren am 2. April 1719 zu Ermsleben bei alberstadt, f am 18. Februar 180:5, begraben in seinem Garten zu Halberstadt. Das e icht vom Schwan und der Ente dürfte bereits um 1750 gedichtet worden sein.