Heft 
(1897) 6
Seite
307
Einzelbild herunterladen

Otto Pniower, Bartholomäus Krüger.

307

Dargegen manch gelerter Mann Wird offt gesetzet hinden an,

Der in der Kunst gar wohl erfahm;

Der Welt gefallen mehr die Narrn u. s. w.

Wie man hier individuelle Gefühle zu verspüren meint, so scheint mir auch eine pessimistische Betrachtung in der Vorrede zu der Schwank­sammlung aus dem verbitterten Gemüt des Dichters geflossen zu sein.

v. 92 ff. Es sey dan, das ihr etlich wem

Die solchs zum ergsten wollen kern Wie man sie wol findt in der Welt,

Den keines Menschen thun gefeldt.

Allein was sie han selbst gemacht Ist gut, das ander wird veracht.

Dazu kam bei Krüger vielleicht noch häusliches Missgeschick. Wenigstens will es mir verdächtig erscheinen, dass er zweimal in den Moralien zum dauert (zu XXIV und XXVI) das Thema vom bösen Weib eingehend behandelt. Auch hier fühlt man, dass am eigenen Leibe gemachte Er­fahrung das Wort ergriffen hat. Der Arme litt vielleicht also auch noch unter einem Hauskreuz.

Aus diesen Schicksalen mag Krüger ein Groll gegen die Welt er­wachsen sein. Doch wird seine Melancholie sanft und lind gewesen sein. Jedenfalls versteht man so seinen tiefen Ernst, versteht man, dass er sich so sichtlich zum Anwalt des kleinen gedrückten Mannes macht, dass er so oft über die Obrigkeit Klage führt.

Gerade aus solchen künstlerisch veranlagten Naturen aber, wie wir Bartholomäus Krüger nun kennen gelernt haben, deren weltfreudiger Sinn in der harten Schule des Lebens zur Bitterkeit und Wehmut ge­trieben wird, pflegt die Muse der Poesie ihre besten Jünger zu wählen. Und wer weiss, ob er, wenn er unter günstigeren Umständen und in einem angemesseneren Wirkungskreis gelebt hätte, nicht zum Range der Auserwählten emporgestiegen wäre. So aber fehlte es ihm, was dem Künstler so förderlich, ja wie es scheint, so unentbehi-lich ist: Lob und Zuspruch der Zeitgenossen. Erst die Nachwelt hat ihm zu spät gespendet, was er von der Mitwelt vergebens erwartete.