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12. (4. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
Schlittschuhe, Schuhe, die gewissermassen aus Schlitten bestehen und nicht zum Schreiten, sondern zum Gleiten auf dem Eise dienen, das ist etwas Besonderes, welches die Erfindung eines eigenartigen Ausdrucks, eines terminus technicus, erfordert. Deshalb erfassen nur die Ausdrücke Schlittschuhe und Schlittschuhlaufen den richtigen Sinn, dagegen sind die Ausdrücke Schrittschuhe, Schrittschuhlaufen, wie uns die erörterten knöchernen Gleitvorrichtungen der Vorzeit klärlich zeigen, ungeeignet und falsch gewählt. Der Verleger von „Wild und Hund“, Herr Parey, hat die Güte gehabt, uns die beifolgenden 2 Clichüs aus dem Nehringschen Aufsatz zur Verfügung zu stellen. Der kürzere Knochen, dP bezeichnet, in zwei Lagen dargestellt, stammt von der Burg in Bromberg und ist ein Schlittschuhknochen, der grössere, ebenfalls in zwei verschiedenen Lagen aufgenommene Knochen, Pd, ist ein Schlitten (nicht Schlittschuh-) Knochen, Kat. B. IV. Nr. 1057 des Märkischen Museums und stammt von Oderberg in der Mark. Bei H ist die Stelle, wo die Elle von der Speiche abgeschlagen worden ist.
Als Nachlese zum Kapitel der Schlittschuh- und Schlittenknochen teile ich noch mit, dass der hiesige Rentner Hasse, ein Herr von 78 Jahren, mir mitteilte, wie die Bevölkerung in Pichelsdorf bei Spandau in den dreissiger Jahren, ja noch anfangs der vierziger Jahre d. J. sich der Schlittschuhe aus Pferdeknochen und der Piekschlitten, welche auf Pferdeknochen standen, bedient habe. Namentlich die Fischer hätten es verstanden, sich auf dergleichen an Pferdeknochen befestigten Schlittenkufen mit Hülfe von Pieken in grosser Schnelligkeit über das Eis zu bewegen. Die Kinder hätten die zusammenhängenden Unterkiefer von Pferden, auf welche Brettchen befestigt gewesen, als kleine Piekschlitten benutzt. Freilich sei Pichelsdorf damals ein besonders abgelegener Ort gewesen, durch eine wahre Sandwüste von Spandau getrennt. Hiermit stimmen mehrere aus der Mark stammende Objekte zusammen, welche das Volkstrachten-Museum hierselbst besitzt, nämlich Schlitten, welche auf Pferdeknochen laufen und Pferde- Unterkiefer,. welche mit einem Sitzbrett ausgerüstet, als Kinderpiekschlitten benutzt wurden. Ganz absonderlich ist ein Paar Schlittschuhe, wozu Unterkiefer vom Hammel benutzt sind. Der Unterkiefer ist zerlegt, und bildet der eine Teil die Ausrüstung des rechten, der andere Teil die Ausrüstung des linken Schlittschuhs. Die Sohlen (Fussflächen) des Schlittschuhs sind aus Holz grob geschnitten, so ungefähr wie die Sohlen der bei uns käuflichen Schlittschuhe waren ehe die völlig aus Stahl und Eisen bestehenden amerikanischen Schlittschuhe (System Halifax etc.) aufkamen. Diese Holzsohlen sind durchlöchert, so dass man Riemen hindurchziehen kann, vorn sind auch zwei lederne Ohsen zu gleichem Zweck angenagelt. Die hölzerne Fussfläche sitzt unmittelbar auf dem Schafkiefer auf und zwar so, dass das vordere