Kleine Mitteilungen.
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Dienerin, licss sich einen Hausschlüssel machen und seine Berlinc vor dem Hause hin und herfahren, die auf dem schlechten Pflaster viel Liirm verursachte und, wie Lauzun*) selbst erzählt, das Gebäude erzittern machte. Auf diese "Weise konnte er das Fräulein ungestört besuchen und den Fürsten »Soubise narren, ohne dass die Mutter, welche im Nebenzimmer schlief, vor dem greulichen Gepolter der Berline das geringste merkte. — Bekannt ist das Bild, wie Ludwig XVI. mit Marie Antoinette in einer Berline, vom Abschaum des Pariser Pöbel begleitet, als halber Gefangener von Versailles nach den Tuilericn fährt.
Eigentümlich ist es, dass der Name der Berliner Erfindung, die Berline in Berlin ganz ungebräuchlich, ja so gut wie vergessen worden ist Es kommt dies übrigens bei Erfindungen, die nach ihrem Ursprungsort benannt werden, in den Ursprungsorten öfters vor. So ist beispielsweise der Ausdruck „Pariser“ bei uns für Hausschuhe aus Filz gebraucht, in Paris selbst unbekannt.**)
Wenn nach dem Vorgesagten die gewöhnlichen französischen Wörterbücher „ Berlin e“ mit „ein leichtes Reiseführwerk“ übersetzen, so ist das sicherlich falsch, die. Berline war und ist ein solides, gutgefedertes, aber schweres Fuhrwerk. E. F.
Nachtrag zum Judentotschlag bei Grimnitz, Kreis Angermünde. (Vergl. Monatsblatt VI. S. 178) I. Ein Maurermeister aus Jochimsthal erzählte mir die Sage folgendermassen:
Im vorigen Jahrhundert kam ein jüdischer Handelsmann die »Strasse entlang, die vom Schützenhaus nach Parlow führt Er trug ein Päckchen mit schönen bunten Seidentüchern und ähnlichen Artikeln auf dem Rücken. Dort, wo jetzt der Reisighaufen liegt, lauerten ihm 2 junge Burschen von der Plantage auf und schlugen ihn tot. Geld fanden sie bei dem alten Mann' nicht oder höchstens ein paar Pfennige. Daher raubten sie sein Warenpäckchen aus und nahmen besonders die schönen bunten Seidentücher. Die schenkten sie ihren Bräuten in Grimnitz. Dadurch kam aber die »Sache heraus, und die Burschen wurden zum Tode verurteilt und auf dem Galgenberge beim Schützenhause gehängt. Jeder, der an der Stelle vorübergeht, wo der Mord geschehen ist, muss einen Reisigzweig hinwerfen. Wer es nicht thut, dem fügen die Juden Schaden zu. Der Reisighaufe ist aber heut so klein, weil niemand mehr die alten Geschichten glauben will.
II. Ein alter Mann, der des Weges kam, erzählte mir, der Judentotschlag sei vor einiger Zeit fast ganz verschwunden gewesen; da habe er wieder einige Zweige liingeworfen.
*) Memoire,s du Duc de Lauzun. VI ed. par Louis Lacour. Naumbourg s. S. 18(52, S. 101. Lauzun, am 13. April 174G geboren, starb am 12. Nivose des Jahres II der Freiheit,, d. i. am 1. Januar 1791, auf dem Sclialiot,.
**) Es ist auch eigentlich eine Beleidigung für Paris und die zierlichen Pariser, nach ihnen ein plumpes Schuhwerk zu benennen.
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