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15. (6. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
zieht sich die Thahveite wieder zusammen, so dass z. B. zwischen Criewen und Raduhn nur 2,6 km Breite vorhanden sind.
Nach der Beschreibung der landschaftlichen Ausgestaltung des Oderstromes ist es Zeit, sich der Erklärung dieser Formen zuzuwenden.
Die Verteilung von Lelnn und Sand und der Verlauf der grösseren und kleineren Rinnen hat in jener Beschreibung eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Lehm und Sand sind der Gesteinsschutt, den jener grosse Eismantel einschloss, welcher einst unsere Heimat bedeckte, und die Rinnen sind die Betten der Gletscherbäche, welche beim Abschmelzen entstanden waren. An den Stellen, wo der Lehm, die Grundmoräne des Inlandeises, sich erhalten hat, haben die Abschmelzwasser nicht in demselben Umfange ihre auswaschende Kraft entfaltet als in den Sandgebieten. An jenen Örtlichkeiten wird sich daher das Eis auch wohl länger gehalten haben als in den umgebenden Sandzonen, so dass von ihnen aus fortdauernd Schmelzwasser sich über die vorgelagerten Landstriche ergiessen konnte. Jeder unserer Abschnitte war daher am Ende der Eiszeit ein einheitliches Abschmelzgebiet mit einem Centrum von Eis, dessen innersten Kern wir in den „Endmoränen“ zu suchen haben.
Von der Dauer der Abschmelzperiode können wir uns keine Vorstellung machen, wie uns ja für alle geologischen Zeitabschnitte der Massstab fehlt. Wohl aber giebt es einige Anhaltspunkte, welche uns über die Richtung, in welcher sich das Eis zurückzog, Auskunft geben können. Unser südlicher Abschnitt, das Lausitzer Vorland, war sicherlich schon eisfrei, als die nördlich und östlich von ihm gelegenen Striche noch mit Eis bedeckt waren. Dafür spricht zunächst das Fehlen von Endmoränenzügen. Alsdann aber kommt eine zweite Erscheinung hinzu welche gleichfalls für eine frühzeitige Abschmelzung dieses Abschnittes spricht. Vor dem Nordrand des Plateaus zieht sich bei Neu-Zelle beginnend über Fürstenberg, Vogelsang, Zieltendorf und Krebsjauche eine mehrere Kilometer breite Vorstufe von 40 m Meereshöhe hin, während die Sohle des heutigen Oderthaies ca. 30 m Meereshöhe besitzt. Die Böschung der Terrasse zum Oderthal ist überall eine steile. Man hat schon vor langer Zeit in dieser Terrasse das alte Bett eines Flusses erkannt, und Herr Geheimer Bergrat Professor Dr. Berendt hat die Entstehung dieses alten Thaies mit der Wirkung der Schmelz wasser des Inlandeises in Verbindung gebracht und ihm den Namen des Berliner Hauptthaies gegeben. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass hier das verlassene Flussthal der Uroder vorliegt, weil die Rinne sich mit der gleichen Breite von ca. 9 km und derselben Meereshöhe ihrer Sohle über Fürstenberg westlich in die Niederung südlich des Lebuser Plateaus und bis in das heutige Spreethal fortsetzt. Der Südrand des