Heft 
(1897) 6
Seite
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15. (6. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

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sich ergeben haben. Die Oder fand unterhalb des Passes das Oderbruch vor, wo sie sich in zahlreiche Arme teilte, in denen das Wasser nur träge dabinfloss und die auch oft ihren Lauf änderten. Dadurch gelangte der fruchtbare Schlickboden 411m Absatz, welcher das Oderbruch auszeichnet. Nur an den höchsten Stellen ragt der Sand aus dem Schlick heraus. Es sind das in der Regel diejenigen Örtlichkeiten, welche zur Anlage der Dörfer benutzt worden sind. Am unteren Ende des Oderbruches mussten sich nun die Fluten wieder vereinigen, bevor sie den Pass durch den Baltischen Höhenrücken durchflossen. Wie wenig dieser Pass, nament­lich bei Hochwasser, den Fluten genügt, das lehren die Uferabbrüche, welche noch heutigen Tages auf der Strecke zwischen Raduhn und Nieder-Saathen stattfinden.

Somit verliert die Senke zwischen dem Barnim-Plateau und dem Uckermärkischen Plateau ihre Bedeutung als Abflussrinne des Urstromes und erhält nur einen lokalen Wert, dem ähnlich, welchen die erwähnte Senke zwischen den Ländern Barnim und Lebus hat. Sie ist dadurch entstanden, dass hier die Abschmelzwasser der nächsten Nachbarschaft von Norden und Süden her eintrafen, so dass sich erst allmählich eine Wasserscheide zwischen Ost und West herausbilden konnte.

Nachdem wir im Vorhergehenden die Rinne des Oderstromes und ihre Entstehung kennen gelernt haben, wenden wir uns nun zu dem Strom*) selber. Er ist mit Hilfe von Durchstrichen verkürzt und durch Strombauten von seinen unzähligen Spaltungen befreit worden. Von den älteren Wasserverlegungen geben die parallelen Wasserläufe und lang­gestreckten Seeen Zeugnis, die sich an verschiedenen Stellen des breiten Stromthaies linden. In dem Fürstenberger Abschnitt sind anzuführen der Fürstenberger See, der Aurither See und der Brieskowsche See. In dem Engpass zwischen dem Lebuser und Sternberger Plateau fehlen die Seeen gänzlich, und der Strom bildet eine geschlossene Rinne. Im Oderbruch treffen wir wieder die Erscheinungen des Fürstenberger Ab­schnittes. Die zahlreichen Seeen, die ehemals sich hier fanden, sind abgelassen und entwässert, und nur die seeenartigen Erweiterungen des alten sog. Stromes bei Gorgast und der alten Oder bei Manschnow, der Genschmarer See zwischen Genschmar und Zellin, der Kloster- und der Kietzer See bei Alt-Friedland sind übrig geblieben, ferner die seeähn­lichen Altarme zwischen Neu-Glietzen und Neu-Tornow, sowie im Niederbruch der Liepesche und der Oderberger See. Andere grosse Gewässer, wie der Trebbiner See, der Biesdorfer und der Faule See bei Wriezen sind seit Ende des vorigen Jahrhunderts vollständig verschwunden.

*) Der Oder-Strom, sein Stromgebiet und seine wichtigsten Nebenflüsse, erausgegeben vom Bureau des Hochwasser-Auschusses, Berlin 1896. Die folgenden n gaben sind z. T. wörtlich diesem Werke entnommen.