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Kleine Mitteilungen.
innern, dass man vor etwa 15 Jahren wieder zur Auffrischung des durch Inzucht bei uns etwas zurückgegangenen Bluts wilde Truthühner aus Nordamerika unter dem Namen Bronze put er eingeführt hat, so genannt, weil das Gefieder der wilden Tiere einen mehr metallischen Schein, als das der Ilausputer hat. Im Berliner Zoologischen Garten befinden sich seit mehreren Jahren einige hervorragend schöne Exemplare.
Endlich pflegt man für die Indigenität des Truthahns in Europa noch die allerdings scheinbar uralten Wörter „Pute“, englisch „powt" und „Puter“ anzuführen. Die Brüder Grimm sagen aber (Wörterbuch) sehr richtig, dass das „Put“ nichts als der alte Lockruf der Hühner unter sieh und der Menschen für die Hühner ist. Weil die Truthennen dies Wort beim Locken ihrer Küchel fast unaufhörlich und mit tiefer Betonung des „u“ brauchen, hat man sie Put-lIUhner oder Puten mit langem „u“, im Gegensatz zu unsern gemeinen Ilaushühnern, dagegendie letzteren Put-Hühner mit kurzem „u“, genannt.
Bedauerlich ist es, dass der grosse Lin ne die Konfusion der klassischen Namen dadurch gewissermassen verewigt hat, dass er den Gattungsnamen des Truthahn mit „Meleagris“ benannte, d. h. statt mit einem neu zu erfindenden Namen, leider mit einem solchen, der an das von den Alten Meleagris genannte Perlhuhn erinnert. E. Friedei.
Ein Hochzeitskirchgang in Berlin. Ein eigenartiges Bild, das im schärfsten Gegensatz zu dem nimmer rastenden Grossstadtbetriebe stand, bot sich im Dezember vorigen Jahres den Bewohnern der Wasserthorstrasse. In der vor kurzem fertiggestellten Simeonkirche sollte die erste Trauung stattfinden. Da die Eltern der Braut gerade gegenüber der Kirche wohnten, hatte man den Beschluss gefasst, sich gemeinsam zu Fuss zur Trauung zu begeben. „Sie gehen zu Fuss nach der Kirche“, flüsterten sich die Nachbarinnen zu und fanden sich dann zur festgesetzten Zeit zahlreich ein, um das nie gesehene Schauspiel bewundern zu können, auch die Fenster der anliegenden Häuser füllten sich mit Neugierigen. Alles reckte die Hälse, als sich die Hausthür öffnete und am Arme des Bräutigams die in schneeiges Weiss gekleidete Braut, den grünen Myrtenkranz im Haar, aus dem Hause trat. Drei kleine, ebenfalls weiss gekleidete Mädchen trugen der Braut die Schleppe, hinterdrein trippelten die Brautjungfern und ihnen folgten die Eltern der Braut, die Trauzeugen und die Gäste, wohl an fünfzig Personen. Nach erfolgter Trauung begab sich der Hochzeitszug in gleicher Weise zurück in die Behausung. Wie. mögen die guten Berliner gestaunt haben, als sie dies Bild aus der Grosscltern Zeit, diesen Brautgang zur Kirche, wie ihn jede kleine Stadt, .jedes Dorf noch heute kennt, gesehen haben. Der Sinn für Poesie scheint also noch nicht ganz ausgestorben zu sein im grossstädtischen Berlin. Ja, ja, die gute alte Zeit! — Wie lange mag’s her sein, dass sich ein ähnlicher Hochzeitszug durch Berlins Strassen bewegt hat? —
Dr. Gust. Albrecht.