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Kleine Mitteilungen.
Tocl war zu Pferde. Er sprengte auf den Nachtwächter zu. Am dritten Tage ist derselbe gestorben.
4. Der Gesindemarkt zu Vetschau. Vetschau, wendisch Witascliowo, eine echt wendische Stadt heisst deutsch Ort des Witusch, oder Ort des Gousse Dankes. Soweit die Nachrichten hinaufreichten stand der Ort nie unter unmittelbarer Landeshoheit, sondern war stets Eigentum angesehener Familien, und die Zeit des Ursprungs ist unbekannt. Urkundlich Fetschor. Fetzschor 1346. Fetscliau 1605, Fetzscho 1675, Fetscho 1728. Dann Vetschov, vor 1345 im Besitz der Familie von Stochle, von ihr kommen Schloss und Städtchen an die von Torgau, dann an die von Bieberstein bis 1387. Dann sassen die v. Pannewitz und 1417 von Zobeltitz. 1540 erwarb Eustachius von Schlieben die Stadt, er baute das Schloss und legte den 24 Morgen grossen KUchengarten an. Seine Nachkommen besassen die Stadt bis ins 18. Jahrhundert. Der Gesindemarkt besteht heut noch, und zwar im Oktober, es ist dies der sogenannte grosse Herbst- markt, wo viel junge Burschen und Mädchen nach der Stadt kommen, aber das Vermietungsrecht der Lieberoser Herrschaft gilt nicht mehr. Überhaupt ist diese Sitte schon längst erloschen, und findet sich kaum noch im Gedächtnis der Bewohner von Vetschau und die umwohnenden Wenden wissen gar nichts mehr davon, nur das Tanzfest am Markmontage ist noch vorhanden, das heisst es wird in einem bestimmten Gasthause (bei Jensh) von den ländlichen Bewohnern der Umgegend Vetschaus für Geld ein Tänzchen gemacht, dies ist aber in allen kleinen Städten der hiesigen Umgegend an Markttagen üblich.
5. Der Geist auf dem Kirchhof zu Vetschau. Auf dem alten Kirchhof zu Vetschau ist eine Erscheinung wohl an 70 Jahre beobachtet worden. Nachts um die 12. Stunde am Charfreitage jeden Jahres sah man nähmlich die Gestalt einer wendischen Frau, welche in jeder Hand eine Kanne hielt, in raschen Schritten über den Kirchhof nach der alten wendischen Kirche gehen. Die Thür der Kirche öffnete sich von selbst und flog mit lautem donnerähnlichem Gekrach, wenn die Frau in die Kirche eingetreten war wieder zu. Zuletzt ist diese Erscheinung vor etwa fünfzig Jahren beobachtet worden (1820). Es soll der Geist einer Schlossmagd gewesen sein.
Für die Redaktion: Dr. Eduard Zacbe, Ciistriner Platz 9. — Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.
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