Kleine Mitteilungen.
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Sagen, Märchen und Gebräuche aus der Umgegend von Vetschau im Spreewald. Dem Wendischen nacherzählt von Alexander Rabenau in Vetschau.
1. Die dankbare Kröte. Es war einmal ein junges Mädchen, das ging eines Tages im Garten seiner Eltern spazieren. Da traf es eine Kröte, welche traurig am Wege sass Das Mädchen setzte sich zur Kröte hin, besah dieselbe von allen Seiten, und streichelte sie. Da lnipfte dem Mädchen die Kröte auf den Schoss. Das Mädchen nahm die Kröte mit nach seiner Stube. Dort fütterte es alle Tage das Tier; es war sein liebster Spielkamerad. Eines Tages sprach die Kröte zu dem Mädchen „Ich bin sehr alt, und werde bald sterben; du hast mich gehütet und gepflegt, dafür will ich dich belohnen. Ich will dich und einst deine Kinder mit Schönheit begaben, dass Niemand im Lande so schön sei wie ihr. Bringe mich an dieselbe Stelle hin, wo du mich gefunden hast; ich werde dir dort noch mehr sagen. Da nahm das Mädchen die Kröte, und brachte sie wieder nach dem Garten, wo es dieselbe auf die Erde setzte. Darauf sprach die Kröte: „drei Tage nach meinem Tode wirst du einen King Anden, solange du und deine Nachkommen denselben tragen, wird eure Schönheit dauern." Nach diesen Worten starb die Kröte. Das Mädchen bettete sie auf frisches Gras und ging seiner Wege. Am dritten Tage kam das Mädchen wieder zur Stelle. Da war die Kröte ganz ausgetrocknet, neben derselben lag ein schöner Ring. Das Mädchen nahm den Ring, steckte ihn an seinen Finger und verscharrte die Kröte. Da ward das Mädchen von wunderbarer Schönheit. Als es sich verheiratet und Töchter geboren hatte, waren diese auch die schönsten Mädchen im Lande. Das letzte Mädchen aus dieser Nachkommenschaft, welches wiederum von wunderbarer Schönheit war, hatte den Ring verloren und ist im Spreewalde gestorben.
2. Die weisse Frau. In den Dörfern Stradow und Suschow bei Vetschau, geht die Sage von einer weissen Frau, welche den Flachswietern ( und anderen Personen zur Mittagszeit erschienen ist. Das letzte MaUist dieselbe im Jahre 1811 einer Frau aus dem Dorfe Stradow erschienen. Als nämlich die Frau fleissig ihren Flachs wietete, erscholl in der Ferne ein wunderschöner Gesang, so schön, wie ihn die Frau noch nie gehört hatte. Sie dachte bei sich, es ist gewiss ein vorüberziehendes Landmädchen, welches singt, aber so wie sie ihre Blicke nach jener Gegend wandte, von wo der Gesang erschallte, sah sie zu ihrem Erstaunen eine wunderschöne Fi'auen- gestalt, in weisse Gewänder gehüllt, welche ein Bund Flachs auf den Rücken trug, die weisse Frau zog dicht an ihr vorüber, und verschwand im Erlengebüsch am Iiudower Fluss. In der Goraschoa zwischen Loblitz und Leipa und Lehde wohnt eine Wasserfrau, welche jedes Jahr ihre Opfer haben muss.
In alter Zeit haben Leute aus Loblitz die Wasserfrau gesehen, wie sie am Ufer sass und sich sonnte. Ihr Ilaar war nicht schwarz und auch nicht braun oder blond, sondern hatte einen glänzend grünlichen Schimmer. Hatte sie sich am Ufer gezeigt, so ertrank Jemand.
3. Der reitende Tod. In Schadewitz hat meistens der alte Nachtwächter Strehls um zwölf Uhr den Tod durchs Dorf reiten sehen. Der