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14. (6. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.
B. Naturgeschichtliches.
III. Die Riesen-Blöcke bei Treuenbrietzen. Unter dieser Überschrift teilt u. M. Herr Postrat Steinhardt in Treuenbrietzen folgendes mit.
Erratische Blöcke finden sich unregelmiissig verstreut in verschiedenster Grösse lind Gestalt und aus den verschiedensten Formationen herstammend in der engeren und weiteren Umgebung von Treuenbrietzen in reichlicher Menge vor. Wo sich in der Niederung die Wiesen hinziehen und in alten Zeiten Morast und Sumpf den Boden dekte, sind die Blöcke und Geschiebe unter Torf und Humuserde vergraben. Auf den höher gelegenen Acker- und Waldfliichen sind sie in der Nähe der Wohnstätten beseitigt und haben als Material für die Fundamente und Mauern der Bauwerke oder zur Errichtung von Umgrenzungen aus — trockenem — Mauerwerk oder zur Bekleidung der Wände und Böschungen der Erdwälle gedient. — Wenn der Landmann zur Winterzeit von der Feldarbeit frei ist, geht er mit dem Sondiercisen aufs eigene oder zu dem Zweck gepachtete Feld und sucht nach Steinen unter der Erdoberfläche, die dann gesprengt und lagerrecht zurechtgehauen werden. Der Vorrat an Steinen hat dann auch im Laufe der Zeit derart abgenommen, dass man sich jetzt schon mit dem minderwertigen Material begnügt. Namentlich die Wegebauverwaltung hat bedeutende Mengen verbraucht.
Diesem Ilinschwinden der vom linnländisclien Schild, den Kjölen und den schwedischen Gebirgen herstammenden, vom Inlandeis über den Fläming hinweg bis nach dem Harz und Thüringer Wald verschleppten Geschiebe sind nur wenige der grösseren Blöcke entgangen, die dem Bohrer ihrer Grösse und Härte wegen zu grossen AViderstand leisteten und deren Sprengung und Aufbereitung den Aufwand an Pulver und Arbeit nicht lohnte. Aber auch die Tage dieser ehrwürdigen Zeugen der Urzeit, die den Boden schuf, auf dem wir heute leben, sind gezählt; Bohrstahl und Dynamit werden bald auch mit dem letzten der erratischen — Eiszeitschubisten*) — aufgeräumt haben, wenn ihrer Vernichtung nicht wirksam Einhalt getan wird.
Durch ihre Grösse bemerkenswerte Blöcke finden sich in der Treuen- brietzener Umgebung nur noch auf der nördlichen flachen Absenkung des Fläming etwa auf der Linie Lindo—LUdendorf— Neu-Rietz. Jeder führt im Volksmunde seinen Namen. Sie heissen: der Hirten-, Hasen- und Bismarckstein, die Schneidersteine, der Schäferstein und der Bischofstein.
Auch von einigen dieser Steine sind bereits grössere Stücke abgesprengt und nur der Bismarck-, Schäfer- und Bischofstein scheinen in ihrer ursprünglichen Grösse erhalten zu sein.
Die Steine liegen sämtlich abseits der Wege, zum Teil im Walde und sind ohne Führer nicht leicht aufzufinden. Für die bei Lüdendorf gelegenen übernimmt der in diesem Ort wohnende königliche Förster bereitwillig die Führung; im übrigen wird in der waldigen Gegend selten jemand anzutreffen sein, den man nach dem Wege oder nach der Lage der Steine fragen
*) Scheffel — Gaudeamus. —