3. (1. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.
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von 100 Nardenkötters*) die Kurpfuscherei vernichten wird, erwarten wir auch, dass die Wünschelrute verschwinden wird. Mundus vult decipi — decipiatur."
Ich verweise auf die literarischen Besprechungen, die sich zwar einige Zeit hindurch in der Zeitschrift Prometheus und in der Naturw. Wochenschrift über dasselbe Thema in erregter Weise Pro et Contra abgespielt haben.
Die Selbsttäuschung im Gebrauch der Wünschelrute erstreckt sich selbstredend ebensosehr auf deren Gebrauch zur Auffindung von Wasser wie von Metallen.
Die ganze Sache hat nunmehr nur noch psychologische und volkskundliche Bedeutung und insofern wird sie die Brandenburgs allerdings fortgesetzt interessieren.
Um Ihnen eine Vorstellung zu geben, wie ein grosser Teil der aus IIolz gefertigten Wünschelruten beschaffen ist, zeige ich eine Wünschelrute, Y förmig, also wie ein grosses lateinisches Ypsilon vor, angefertigt aus Haselrute nach einem alten Exemplar in Besitz des Museums in Lübeck.
Zwei Fälle von Anwendung der Wünschelrute aus meiner Kenntnis und aus unserer Provinz will ich noch erwähnen.
Im Jahre 1850 befand ich mich mit meinem Vater, dem Dr. pliil. Carl Friede], zum Besuch bei einem Universitäts-Freunde desselben, Herrn Superintendenten Stiebritz, in uusenn Nachbarstädtchen Biesenthal. Herr Stiebritz erzählte uns, dass in der Pfingstnacht Berliner Schatzgräber mit der Wünschelrute in den unterirdischen Ruinen auf dem Schlossberg daselbst gearbeitet hätten, um den dort verborgenen Schatz zu heben, sie seien aber durch Neugierige in der Arbeit zu ihrem grossen Ärger gestört worden.
Als wir die Schatzkammer in dem vielbesprochenen, hochberiihmt gewordenen Königsgrab bei Seddin, Kreis West-Prignitz ausbeuteten, erzählten uns die Leute, dass vor einigen Jahren Schatzgräber mit der Wünschelrute daselbst gearbeitet hätten, um den goldenen Sarg des Königs zu finden.**)
Das waren Anwendungen der Wünschelrute auf Metall, woran die Gebildeten heutzutage wohl kaum noch glauben, wenn die Vorstellung auch bei abergläubischen Bergleuten noch im Schwange scheint. Sehr verbreitet dagegen ist trotz aller wissenschaftlichen Aufklärung der Glaube an die Kräftigkeit der Wasser-Wünschelrute immer noch selbst in den höheren Ständen. Als geschichtliche Reminiszenz fällt mir der französische Quellensucher Abbe Richard ein, der in der Glanzzeit
*) Bekannter unlängst verurteilter Kurpfuscher.
**) Brandenburgia VIII, 271, 339, 381; IX. 77, 320.