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14. (fl. ordentliche) Versammlung des XII Vereinsjahres.
haben, um der EDgel willen*). Doch ist weder der Mann ohne das Weih, noch das Weib ohne den Mann in dem Herrn; denn wie das Weib von dem Manne, also kommt auch der Mann durch das Weib; aber alles von Gott. Richtet bei euch selbst/ ob es wohl steht, dass ein Weib unbedeckt vor Gott bete? Oder lehrt euch nicht die Natur, dass einem Manne es eine Unehre ist, wenn er lange Haare zeugt? und dem Weibe eine Ehre wenn sie lange Haare zeugt? denn das Haar ist ihr zur Decke gegeben.“
Im Eingang (Vers 3) hatte Paulus gesagt: „Ich lasse euch aber
wissen, dass Christus ist eines jeglichen Mannes Haupt, der Mann aber ist des Weibes Haupt, Gott aber ist Christi Haupt“.
Aus diesem Zusammenhänge erhellt, wie der Ausspruch des Apostels die semitische Sitte, dass die Neuvermählte das Haupthaar sorgsam zu verwahren hat, die Hörigkeit der Frau, deren Ausdruck u. a. das Verstecken des Haares ist, innerhalb der neuen Christengemeinde zu verallgemeinern und aus ethischen Gesichtspunkten zu recht- fertigen bemüht ist. .
Es kommt auch die echt orientalische Eifersucht hinzu, die noch heut derartig auf die Spitze getrieben wird, dass, wenn ein Reform- Türke seiner Frau gestattet, das Haupthaar zu zeigen, dies ihn in den Augen der mohamedanischen Altgläubigen verächtlich macht.
Derselben uralten semitischen Volksanschauung entspricht es vollkommen, wenn bei den orthodoxen Juden die Ehefrauen noch heut ihr Haupthaar sorgfältigst versteckt tragen müssen.
Bemerkenswert ist es, wie Herr E. Friedei einschaltet, dass unter den semitischen Stämmen einzelne sind, bei denen das Verhüllen und Verschleiern des Haupthaares und Kopfes der Frauen nicht üblich ist;
*). Die „Macht“ bedeutet hier: das Zeichen der Macht eines andern über ihn.
Das freie, offene Haupt ist das Zeielien der Unabhängigkeit und der Herrschaft, das bedeckte und verhüllte der Unterwürfigkeit; wie schon die langen Haare der Weiber auf diese ihre Abhängigkeit hindeuten. Der Ehebrecherin Haupt wurde entblösst (4. Mos. 5, 18), beschoren zu gehen, war, ausser der Trauer, ein Zeichen von Schamlosigkeit. Darum soll das Weib das Zeichen ihrer Untertänigkeit stets tragen „um der Engel willen“, weil, auch ohne dass Menschen darauf achteten oder Wert darauf legten, Gottes Boten, die höheren reinen Geister, die teil nehmen an der Anbetung Gottes durch die Seinigen auf Erden, und ihre Gebete vor ihn bringen, ihre Freude haben an der Züchtigkeit und Ehrbarkeit der christlichen Frauen, und ihre Nähe die Gemeinde stets mit Flhrfurcht erfüllen soll. — Zugleich erinnert der Ap. auch an die tiefe Ehrfurcht der Seraphim, die ihr Angesicht vor Gott mit ihren Flügeln bedeckten (Jes. fl, 2), während Gottes Angesicht offen ist; wie die Engel auch wie Cherubim) zn Gott, so steht das Weib zum Manne. Und die Frau als die schwächere, der Versuchung am meisten ausgesetzte, bedarf, wie die Kleinen (Matth. 18, 10), des Schutzes der Engel mehr. (Otto v. Gerlach. Das Neue Testament. 2. Band, Berlin ]8fl:i, S. 105 und 1 OG.)