Überreste alter gotischer Schnitzaltäre in den Kirchen des Kreises Oberbarnim. 317
Die Flügel des Strausberger Altars sind in gleicher Weise mit den Aposteln nebst den ihnen zukommenden Attributen besetzt; der Mittelschrein aber ist viel lebhafter gestaltet. Außer den die Maria umschwebenden sechs Engeln, davon einige mit Marterwerkzeugen (Nagel, Passionssäule, Kreuz, Zange), füllen ihn noch vier Heilige: St. Anna, St. Katharina, St. Stephan und St. Johann Baptist. Hinzu kommen ein größerer und mehrere kleinere, schön geschnitzte Baldachine, eine die Maria umstrahlende Sonne und die ihr als Standort dienende Mondsichel. „Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: ein Weib mit der Sonne bekleidet und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.“ Offenbarung 12. V. 1—3.
Der Bollersdorfer Flügelaltar ist etwas anders angeordnet. Im Mittelschrein ist eine Kreuzigung dargestellt. Die den Gekreuzigten umgebenden Figuren bedeuten Maria Magdalena, die Mutter Maria und Johannes. Die weiblichen Figuren zeigen höchste Trauer. Im Hintergründe sind Spuren einer gemalten Stadt, während die heilige Grabeskirche und eine im Verhältnis dazu merkwürdig große Salbenbüchse plastisch bis zur Frauengruppe heraustreten. Am Fuße des Kreuzes liegt ein Schädel und vor ihm daher kriecht eine Schlange. Der erstere bezeichnet bekanntlich nicht schlechtweg die „Schädelstätte“, sondern deutet auf das Grab Adams hin, das durch das Erdbeben bei Christi Tode bloßgelegt sein soll und noch jetzt unter der Kreuzigungskapelle des heiligen Grabes gezeigt wird. Die in der' unteren Reihe der beiden Flügel stehenden Apostelfiguren haben ihre Tierattribute: Lukas den Stier, Markus den Löwen, Matthäus den Engel und Johannes den Adler. Diese Symbole wurden schon in der letzten Hälfte des 5. Jahrhunderts an der Wand des Triumphbogens in St. Paolo zu Rom angewendet und beziehen sich auf Hesekiel I. 10 und Offenbarung IV. 7. In der oberen Reihe dieses Altaraufsatzes befinden sich die Statuetten des Paulus mit Buch und Schwert, des Petrus mit Schlüssel, des Johannes mit Kelch und des St. Georg mit verstümmelter Fahne. Johannes ist also zweimal vertreten. Nach einer am Altar befindlichen Inschrift ist er 1585 gekauft, 1700 renoviert und 1862 von Holbein in Berlin restauriert, von demselben Künstler, der im gleichen Jahr auch den Wilkendorfer Altaraufsatz wiederhergestellt hat.
Der in Wriezen erhaltene Mittelschrein eines gotischen Flügelaltars ist, nach seinen stilistischen Eigentümlichkeiten zu urteilen, höchst wahrscheinlich im Anfang des 16. Jahrhunderts entstanden. Er zeigt in seinem Goldhintergrund ein hübsches Muster, das in die Kreidemasse, solange sie noch weich war, eingedrückt wurde. Was dieses Holz- schnitzwerk interessant macht, ist die naive Art, durch welche der Künstler zum Ausdruck gebracht hat, wie nach seiner Auffassung etwa ” °^ anae s an des Meisters Busen lag.“ Johannes XIII. 23. 25. Auch