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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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140 Binder, E., Heimberg, U., Heintz, S., Reiche, S., und Seidenstücker, G.

Empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Verhaltensverträgen bei Schulkindern liegen zur Zeit noch nicht vor. In der vorliegenden Studie sind wir der Frage nachgegangen, inwieweit Sonderschulkinder Selbstkontroll­funktionen übernehmen können und welche Wirkungen damit auf ihr Arbeits­verhalten, Sozialverhalten und ihre Schulleistungen erzielt werden können. Unsere Untersuchung hat explorativen Charakter.

Problemstellung in der Sonderschulklasse

Die Untersuchung fand in der Klasse einer Sonderschule für lernbehin­derte Kinder statt. Der Leistungsstand der Schüler wies große Unterschiede auf. Der Lehrer mußte die Klasse deshalb für die Unterweisung in drei lei­stungsähnliche Gruppen einteilen. Bei dieser Anordnung konnte sich der Lehrer stets nur mit einer Gruppe beschäftigen. Die übrigen Gruppen muß­ten unterdessen selbständig arbeiten. Zu diesem Zweck bekamen sie Auf­gaben gestellt. Die Klasse bestand aus 16 Schülern. Eine generelle Teilung der Klasse und eine entsprechende Vermehrung des Lehrpersonals war prin­zipiell nicht möglich.

Während des Unterrichts ergaben sich häufig Störungen in den beiden Gruppen, die selbständig arbeiten sollten. Die Schüler kamen mit ihren Auf­gaben nicht zurecht, verließen ihren Platz, unterhielten sich mit ihren Nach­barn, riefen in die Klasse, machten Faxen, stritten sich mit ihren Mitschü­lern oder reagierten passiv, indem sie vor sich hin träumten bzw. sich mit aufgabenirrelevanten Tätigkeiten beschäftigten. Der Lehrer reagierte auf die Störungen mit Ermahnungen. Dadurch wurde die Arbeit des Lehrers mit der gerade zu unterweisenden Gruppe unterbrochen, so daß durch die man­gelnde Selbständigkeit und das Störverhalten der beiden Gruppen, die sich gerade still mit Aufgaben beschäftigen sollten, auch der Unterricht der je­weils dritten Gruppe empfindlich gestört wurde.

Therapieziele

Auf der Basis einer Analyse der Problemlage der Klasse haben wir zusam­men mit dem Lehrer die Ziele unserer therapeutischen Intervention fest­gelegt. Den entscheidenden Punkt der Analyse sahen wir darin, daß die Schüler die Elementarfertigkeiten selbständiger Aufgabenlösung und das Zusammenspiel dieser Fertigkeiten nicht hinreichend beherrschten. Deshalb unterbrachen bzw. beendeten sie den Arbeitsgang vorzeitig und zeigten unerwünschtes Verhalten. Die Bedingungen des Störverhaltens lagen also in den unzureichenden Arbeitsfertigkeiten. Als Primärziel unserer Therapie setzten wir deshalb die Entwicklung selbständigeren Arbeitsverhaltens der Schüler an.

Die Erreichung dieses Ziels ist an mehrere Voraussetzungen gebunden. Eine dieser Voraussetzungen betrifft die Aufgabengestaltung. Die Aufgaben­stellung sollte leicht verständlich und dem Leistungsstand des einzelnen Schülers angepaßt sein. Diesen Forderungen entsprechen am besten program­mierte Aufgabenblätter mit individuell zugeschnittenen Aufgabenstellungen. Da die meisten Schüler unserer Klasse Schwierigkeiten im Lesen und Schrei­