Heft 
(1957) 5
Seite
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WILL ANDERS, KYRITZ

3)ie ffrattsofett in

Schulze-Kersten zum Gedächtnis

Fortsetzung

Am 5. April 1807, einem Sonntag, marschierten 30 französische Dragoner und 36-Mann Infanterie vom Regiment Nassau-Usingen, die von einem Hauptmann Kergefroid geführt wurden, durch die Stadt und wurden zu­nächst in Drewen einquartiert. Am 6. April kam aus Berlin eine franzö­sische Militärkommission in drei Postkutschen Extrapost an und stieg im alten Posthause ab. Die Soldaten wurden aus Drewen zurück­beordert. Nun verhaftete man die beiden Bürgermeister Schräder und Krüger, den Stadtkämmerer Schulze und den Kaufmann Kersten. Der alte Bürgermeister und Apotheker Steiniger wurden in ihrer Wohnung bewacht, die drei Stadttore wurden geschlossen und mit Wachen besetzt. Die Nassau- ischen Soldaten patroullierten unaufhörlich in der Stadt und verhinderten das Zusammenstehen der Kyritzer, die doch einander soviel zu erzählen hatten. Die beiden ehemaligenGelben Reiter Fischer und Treu entflohen rechtzeitig über die Stadtmauer. Die Verhafteten wurden in Einzelhaft gebracht und von je zwei Soldaten bewacht. Sie durften Besuche ihrer An­gehörigen empfangen, die ihnen auch das Essen brachten. Allmählich sprach sich herum, die ganze Sache ginge darauf hinaus, daß die Franzosen das dem Hirsch abgenommene Geld wiederhaben wollten. Noch immer war keiner der Inhaftierten der Meinung, daß er eine strafbare Handlung begangen habe und in Gefahr sei, und jeder meinte, er werde die nächste Mahlzeit wieder zu Hause einnehmen.

Nach den Verhören wurden alle in ein als Wachstube eingerichtetes Zim­mer des Rathauses gebracht, gegen 10 Uhr abends ging Christiane Kersten noch einmal dorthin und reichte ihrem Manne Weizenstuten und Kaffee durch das Fenster. Schulze sagte hierbei scherzend zu ihr:Frau Gevatterin, das kann ans Augenverbinden gehen, und die junge Frau antwortete. Dann kann ich Ihnen wohl gleich meinen Kopftuch dazu hierlassen. Auch

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