wenn so wachsame und kühne Augen darauf gerichtet sind. Nun kann sie zeigen, auch den Böswilligen zeigen, was sie zum Stutzen des Klosters zu tun vermag, wie sie Reinheit und Klarheit schaffen wird, wie sie das vermeintliche Regiment der Domina und des Konvents, das in Wahrheit ein geduldetes Kinderspiel von Gnaden des Stiftshauptmanns ist, zu einem wirklichen zu machen weiß. Ueber ein Jahr hindurch versucht sie Einblick in das krause Gewebe zu gewinnen, beobachtet sie, sammelt sie Stoff, dann endlich im Jahre 1723 schreibt sie unter dem 23. April all die Punkte nieder, die ihr einer Untersuchung zu bedürfen scheinen. Zunächst erhebt sie wieder Klage: den Befehlen des Königs ist nicht nachgekommen, man hat sie durchaus nicht den Einblick in die Dinge tun lassen, den er verordnete, trotzdem hat sie verschiedene schädliche Mißbräuche gestruden und nun fragt sie ganz sachlich:
1) wie war es mit den 300 Talern für den freien Tisch des Hauptmanns? Hieß das, diese 300 Taler seien für ihn allein? Nicht für seiire übrige Familie, nicht für seiire Bedienten? Wie ists mit dem, was Closterschreiber und Prediger bei ihm verzehren? Und mit seinen Gästen? Stehen die alle außerhalb dieser 300 Taler, sodaß er dafür nun die Closter- gelder in Anspruch nehmen darf? „Nein, grollt der König, so war es wahrlich nicht gemeint."
2) hat er allein denn ein Recht, die, die wir aus unserem Clostergeld besolden, anzustellen oder sollten wir nicht auch darum wissen? „Das wäre nur rechtens", beschließt der König.
3) Und die Verträge? Sie, die so wichtig für unser Fortbestehen sind, die Verkäufe, die Verpachtungen, sollten wir, Domina, Domina adjuncta und Priörin, da nicht mitzusprechen haben? „Ja", sagt der König, „alle Verträge sind euch bekannt zu machen." Wahrlich, eine kühne Frauenrechtlerin, die hier aufsteht, und ein sehr moderner König, der ihre Rechte anerkennt.
4) da sind unnötige Prozesse, hoher König, die durch schlechte Verwaltung entstanden sind. Sollte das unschuldige Closter die Kosten dafür tragen müssen oder die, die diese Prozesse verschuldet? „Versteht sich von selbst, die Schuldigen," bestimmt der König streng.
6) ist etwas persönlicher Natur. Es gibt vier deputierte Fräuleins, die in den geschäftlichen Dingen mitzusprechen haben, soll da die alte Domina allein das Recht haben, wenn eine zu ersetzen ist, diesen Ersatz zu ernennen? Oder, o König, bin ich nicht geeigneter, eine tüchtige Ersatzkraft auszuwählen? (Eine sehr wichtige Frage, o König, für das Regiment der