Heft 
(1931) 1
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Das Bestreben der Menschheit, die Verstorbenen ganz besonders unter den Schutz der Gottheit zu stellen, ist so alt wie die menschliche Kultur selbst, sei es, daß man die Toten in die Nähe der Heiligtümer oder im Heiligtums selbst bettete oder gar dem Totenhause, in dem der Tote ruhte, dem Sarg, das Äeußere eines Tempels gab. Dies war bereits vor 5000 Jahren in Europa sowohl als auch am Mittelmeer gleich stark verbreitet, und wenn wir in die geschichtliche Zeit hinein­gehen, bis in die moderne Zeit, so finden wir, daß in der Tradition dieser Brauch bis heute weitergegangen ist. Hoch­stehende Personen sind bis in die Neuzeit hinein in den Kirchen beigesetzt worden. Die übrigen Gräber liegen meist in der unmittelbaren Nähe der Kirche um diese herum. So wird man verstehen, daß auch das Bestreben aufkam, den Toten im Götterberg, in einem Hügel, beizusetzen, also einein kleinen Berg, der dem Berge ähnelt, in dem die Götter schlafen und aus dem sie zu Beginn des Tages herausschreiten. Alt­babylonische Siegelzylinder stellen diesen Moment des Heraus- schreitens dar. Der Gott, der nachts im Berge geruht hat, schreitet heraus, wie dies der Hymnus an den babylonischen Sonnengott Schamasch so schön schildert:

O Sams, am Horizonte des Himmels bist Du aufgeflammt, Den Riegel des glänzenden Himmels hast Du geöffnet.

Die Türen des glänzenden Himmels hast Du geöffnet.

O Sams, zu Lande hast Du Dein Haupt erhoben.

O Sams, mit dem Glanze des Himmels hast Du die Länder

bedeckt.

O Sams, bei Deinem Hervortreten aus dem großen Berg, Bei Deinem Hervortreten aus dem großen Berg, dem Quell­berg,

Bei Deinem Hervortreten aus dem Berg, dem Ort der Geschicke, Wo Himmel und Erde Zusammenstößen (am Fundament des

Himmels)

Stellen sich die großen Götter vor Dir auf.

Gerade in Babylonien sind uns Götterberge auch aus Tempelanlagen übermittelt, sogen. Stufenberge (Ziquurats), die sich schneckenförmig in Stufen nach oben drehen. Ein solcher Stufenberg war auch der Turm zu Babel, von dem das Alte Testament berichtet. Daß tatsächlich diese Tempelberge den Götterberg darstellten, zeigt der Vergleich mit einer uns über­kommenen Darstellung, wo der Sonnengott aus dem einem Tempel­berg ähnlich gebildeten Stufenberg, herausschreitet. In Aegypten hat diese Bergidee die monumentalsten Grabbauten der Welt überhaupt geschaffen: Die Pyramide, die in ihrer ältesten

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