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Toten hier wohnend dachte, das Dach vollkommen das Abbild emes menschlichen Hauses mit Dachbalken und Dachsparren, Schilfbelag und Gipsverputz. So sprechen ans den unscheinbaren Hinterlassenschaften, den Gräbern unserer Vorfahren, ihre geistigen Ansichten, ihr Glaube, und wir sehen, wie stark wir in unseren Vorstellungen, selbst heute noch, mit ihnen, wenn auch unbewusst, verbunden sind. Dr. Lechler
Die Verehrung des heiligen Grabes in Deutschland.
Von Dr. Johannes Simon.
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Schon früh war durch christliche Pilger manche Kunde aus dem heiligen Lande nach Deutschland gekommen, wie andererseits auch mancherlei Reliquien von dort mit in die Heimat gebracht wurden. Als am 15. Januar 822 die St. Michaelskirche in Fulda eingeweiht wurde, da bewahrte man in ihr nicht nur Steine vom Berge Sinai und aus der Geburtsgrotte zu Bethlehem, sondern verehrte vor allem auch eine Nach bildung deS heiligen Grabes zu Jerusalem. In den Widmungsversen, die Rhabanus Maurus anläßlich der Einweihung der Kirche schrieb, heißt eS von Christus, „sein Grabhügel helfe hier unseren Gräbern." Soweit wir sehen, handelt es sich in Fulda um die erste Nachbildung des Grabes Christi auf deutschem Boden, der im Lause der Jahrhunderte noch viele andre gefolgt sind.
Was von allen diesen Nachbildungen das Wesentlichste ist, ist die Tatsache, daß daraus ganz deutlich hervorgeht, daß im Bewußtsein der deutschen Menschen des Mittelalters Christus kein Fremder, kein Fernstehender war, sondern von ihnen als einer der Ihren erlebt wurde, der darum auch in der Mitte seiner Brüder seine letzte Ruhe finden müsse. Die mittelalterliche deutsche Frömmigkeit ist darum von diesen Kapellen des heiligen Grabes her in starker Weise beeinflußt worden, zumal sie ja die Wirklichkeit der heiligen Geschichte in lebendiger Weise veranschaulichten.
Noch bis ins 18. Jahrhundert hat inan solche Kapellen mit Nachbildungen des heiligen Grabes errichtet. Als letzte Nachbildung kann das Mausoleum Kaiser Friedrichs III. in Potsdam gelten, wenn auch hier die Darstellung des heiligen Grabes fehlt. Es geht in seiner Vorlage zurück auf eine Tiroler Grabkapelle aus dem Jahre 1653, der ihr Stifter die folgende