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lande den Ackerbau belästigen, ist das immer eine sehr junge Erscheinung der Kulturzeit, also eine Folge vom Eingreifen des Menschen.
Die östlichen Wüstenwinde der Dünenzeit sind als ein letzter Nach klang der Eiszeit anzusehen. Das verschneite Osteuropa bildete, auch als im Westen die Gletscher schon stark zurückgegangen waren, eineir Herd kalter Luft, die nach Westen abströmte und dort das Klima kalt und trocken machte. Das Wüstenklima hatte in Brandenburg bereits geherrscht, als die Gletschermassen der letzten Vereisung sorttauten. Diese Ab- schmelzzeit hat man früher für die Entstehungszeit der großen Täler gehalten, die die Provinz Brandenburg durchziehen und init ihrem schwer oder gar nicht besiedelbaren Sand- oder Moorboden in der brandenburgischen Geschichte als Grenzlinien und militärische Hindernisse mehr als einmal eine Rolle gespielt haben. Das wichtigste dieser Täler ist das sogenannte Berliner Hauptlast das von der Oder in der Gegend von Krossen über Müllrose ins Spreegebiet hinübergreift, unterhalb Spandaus vom havelländischen Luch eingenommen wird, kurz vor Havelberg von Süden her die Havel, von Nordosten Rhin und Doste aufnimmt und in derselben nordwestlichen Richtung, die es dabei stets beibehält, die Elbe ins Meer führt. Neben diesem Berliner Haupttal hat man das Eberswalder Haupttal hervorgehoben, das bei Freienwalde vom Odertal abzweigt, nördlich von Oranienburg das Haveltal kreuzt und südlich vom Ruppiner See den Rhin aufnimmt. Am Südrande der Ost- prignitz vereinigt es sich mit dem Berliner Haupttal.
Es war eine großartige Auffassung, mit der Girard 1855 die Entstehung dieser Täler zu erklären suchte. Es war die Zeit, als die Forschung noch nicht zur Erkenntnis der Eiszeit vorgedrungen war. Girard glaubte, Norddeutschland habe früher unter dem Meere gelegen, und bei seinem Auftauchen hätten die ablaufenden Wasser zuerst einen Urstrom nach Westen hin gebildet, an dessen Stelle erst später unser heutiges Flußnetz getreten wäre. Das Bett dieses Urstromsystems sollte in jenen Haupttälern noch sichtbar vor uns liegen. Dieser Gedanke gewann die Herzen der Geologen so sehr, daß Berendt, als er um 1880 die Eiszeittheorie auf Norddeutschland anzuwenden begann, den Ur- stromgedanken ungeprüft übernahm. Das lag ihm umso näher, als die Schmelzwässer des von Norden andringenden und die Mündung der Weichsel und Oder verschließenden Eises nirgend anders ihren Abfluß gefunden haben konnten, als in der unteren Elbe. Auch die Vorstellung ungeheuerer Wassermassen, von denen die Sandablagerungen der Haupttäler herrühren mußten, schien gerade mit dem Abtauen der eiszeitlichen Gletscher notwendig verbunden. Aber als man die Formen der Haupt-