Heft 
(1932 - 1933) 1
Seite
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Ach, du harter Kreuzesstamm,

wie Du dein Arme hast zertau,

ach wüßtest Du zu dieser Statt,

was man an Dir zersperret hat,

du tätest deine Arme zusammen geschwind,

und ließest rnhn mein armes, liebes Kind!

Jesus: Mich dürstet!

Langwent: Höre, ihn dürstet! Trink, Jesus, den Trank; der soll Dir werden von mir geschankt, er ist von Essig und Gallen, das laß Dir gär wohl gefallen!

Maria: O Jesus, mein viel liebes Kind!

Wie Dir die Glieder zerrecket sind

ach wo ist nun, mein liebes Kind, das selige Wort,

das ich von dem Engel Gabriel habe gehört?

Ave Maria gratia plena!

Du seiest voll Gnaden Maria!

Da ich Dich, liebes Kind, empfing, da waren fröhliche Ding'!

Die Freude ist verkehret nun in Leid, ich habe nun nichts als Bitterkeit!

Wo ist hin dein roter Mund, der mir oft zu mancher Stund lieblich hat gesprochen zu,

Ach, liebes Kind, wer will mir nun das tun?

Jesus: Maria, siehe, hier ist dein Sohn,

Johannes, hier ist deine Mutter!

Da weinet Maria: O weh der großen Schmerzen!

Ach sollt' ich heute sterben für Dich, wie sehr mein Herze freute sich!

Komm Tod und brich mir mein Herze.

Jesus: Es ist vollbracht!

(Erdbeben, Finsternis, das Volk läuft fort bei furchtbarem Donnern, das immer lauter wird. Als letzter geht Hauptmann Longinus ab. Er sticht Christus noch einmal in die Seiten. Völlige Finster­nis, große Stille.)

(Nach einiger Zeit wird ein mildes Licht immer Heller. Aus der Ferne ertönt ganz zart eine sanfte Musik. Man sieht nur Maria und Johannes oben unter dem Kreuze stehn.)

Johannnes: Komm mit mir, liebe Mutter mein!

Nun schweig und laß dein Klagen sein,

Er mußte für die Menschen in den Tod, es hat ihn erlöset der große Gott!

Maria: O Longinus, der Jude blind, der stach Jesus, mein liebes Kind.