70
dingt" üblicherweise nur auf einige Jahre begrenzt und von zumeist lokalem Umfang- positive Rahmenbedingungen auch für den Kiebitz geschaffen haben( s. auch LANGGEMACH et al. 2019).
Negative Umgestaltungen der Bruthabitate in nennenswertem Umfang wurden nicht festgestellt. Zu erwähnen ist lediglich der aktuell etwas verringerte Anteil von Grünland, insbesondere hervorgerufen durch fortschreitende Sukzession der Anfang der 1990er Jahre entstandenen Nassbrachen. Auf lokaler Ebene erfolgte auch eine Umwandlung von Grünland in Ackerflächen. Die Beurteilung anderer Faktoren mit vermutlich negativen Folgen( so die neuerdings stark zunehmende Intensität der Gewässerunterhaltung;„ optimierte“ Methoden der Bewirtschaftungsweise, bspw. Mähgeschwindgkeit, Anstieg Besatzgröße Weidetiere) lassen sich jedoch nicht abschließend bewerten. Spürbare Habitatverluste entstanden vor allem außerhalb des Schutzgebiets, nämlich durch die Errichtung von zwei Windparks( 2004 bzw. 2009). Seit der Inbetrieb nahme des Windparks Radensdorf wurde dieses bis dahin alljährlich besiedelte Ackergebiet( max. 15 Rev.) nicht mehr von Kiebitzen aufgesucht. Das zuvor ebenfalls alljährliche Vorkommen im Windpark Waldow bzw. dessen unmittelbarer Umgebung( max. 8 Rev.) ist seither nur noch von temporärer Natur ( zuletzt 2017). Die Störwirkungen von Windrädern auf Kiebitze und ihr Meideverhalten diesen Anlagen gegenüber wurde vielfach untersucht und belegt ( BERGEN 2001, HÖTKER et al. 2005).
Blicken wir nun erneut auf die Bestandssituation in Brandenburg und auch darüber hinaus. Innerhalb von etwa 20 Jahren hat der Brutbestand in Brandenburg um 61% abgenommen( RYSLAVY et al. 2019, LANGGEMACH et al. 2019). Diese beträchtliche Bestandsreduktion ergriff offenbar alle Teile des Landes. So verringerte sich der Brutbestand im SPAGebiet„ Nuthe- Nieplitz- Niederung“( 55km²) von mind. 58 Revieren( 1976/80; KALBE 1998) über 49 Reviere( 1993) und 48 Reviere( 2011) bis auf 25 Reviere ( 2017; HARTONG 2017). Im Kreis Spree- Neiẞe sowie in der kreisfreien Stadt Cottbus ( 2.384 km²) wurden 1996 205 Reviere erfasst( LITZKOW& BESCHOW 1996). Bei der nächsten Zählung im Jahr 2003 zeigte sich das Vorkommen mit 215 Reviere sehr stabil, wohingegen die Kartierung 2017 mit nur noch ca. 90 verbliebenen Revieren einen dramatischen Bestandseinbruch
Otis 28( 2021)
aufzeigte( R. ZECH, B. LITzkow, R. BesChow, schriftl.). Interessanterweise relativ konstant blieb lediglich das Kernvorkommen in den Laẞzinswiesen bei Peitz ( R. ZECH, mündl.), das naturräumlich zum Spreewald gehört, unmittelbar an das BR SW grenzt und Teil des gemeinsamen SPA- Gebiets ist.
Trotz gründlicher Recherche ließ sich außer dem Spreewald nur ein anderes relativ großes Gebiet in Brandenburg ausfindig machen, in dem der Bestand kurzfristig keinen deutlich negativen Trend aufweist. Im SPA- Gebiet„ Niederung der Unteren Havel"( 282,8 km²) wurde zwischen 1993 und 1997 ein Bestand von 130 bis 200 Revieren gezählt( HAASE & RYSLAVY 1998). Im Zeitraum 2005-2007 waren es mind. 130 Reviere, und 2017/18 wurden 152 bzw. 165 Reviere kartiert( RYSLAVY& PUTZE im Druck).
Die Besorgnis erregende Bestandsentwicklung in Brandenburg reflektiert uneingeschränkt die Situation im gesamten Bundesgebiet. Mitte der 1990er Jahre brüteten in Deutschland zwischen 78.000 und 118.000 Paare, um 2005 waren es noch 68.000-83.000 Paare( GEDEON et al. 2014). Die großräumige Bestandsabnahme setzte sich von 2011 bis 2016 mit nur noch 42.000- 67.000 Brutpaaren weiter unvermindert fort( GERLACH et al. 2019).
Die negative Entwicklung ist nicht auf Branden burg und Deutschland beschränkt, sondern hat auch zahlreiche andere Länder vor allem im westlichen Teil des Verbreitungsgebiets erfasst. In den Nieder landen , einem der Schlüsselvorkommen( GREGORY 2020), steht der Kiebitz zwar nicht in der Roten Lis te ( VAN KLEUNEN et al. 2017). Seit etwa 1980 ist der Trend jedoch stark negativ: Der Bestand wurde für 1979-1985 auf 200.000-275.000 Paare geschätzt ( z. B. BIJLSMA et al. 2001), aktuell umfasst er nur noch 110.000-160.000 Paare( ROODBERGEN& TEUNISSEN 2019). In Polen gilt der Kiebitz zwar als mäBig häufige Art, doch nach starken Abnahmen wird der Bestand für die Jahre 2008-2012 auf nur noch 73.000-105.000 Brutpaare geschätzt( CHODKIEWICZ et al. 2015). In Westpolen hat sich zwischen den 1980er und 2000er Jahren ein ähnlich großer Bestandseinbruch vollzogen wie in Deutschland , nämlich um 66%( ŁAWIKI et al. 2011). Völlig gegenläufig verliefen die Entwicklungen in den drei größten Ländern Fennoskandiens zwischen 2006 und 2018: Während es in Norwegen und Schweden zu sehr starken Rückgängen gekommen ist, stieg der Bestand in Finn