Heft 
(2021) 28
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Noah: Das Vorkommen des Kiebitzes Vanellus vanellus im Spreewald 1995-2020

konnte auch im Spreewald uneingeschränkt bestä­tigt werden: In den genauer untersuchten Jahren 2018-2020 betrugen die durch landwirtschaftli­che Tätigkeiten hervorgerufenen Verluste jährlich höchstens 9%. Möglicherweise war der Anteil sogar noch etwas geringer. Die Kontrolle der Brutplätze erfolgte normalerweise in mehrtägigen Abständen. Wurden eine Brutfläche frisch bearbeitet vorgefun­den und dort keine Kiebitze mehr angetroffen, galt Bewirtschaftung" per se als Verlustursache. Aller­dings war nicht in allen Fällen bekannt, ob zu die­sem Zeitpunkt in den entsprechenden Brutflächen tatsächlich noch Kiebitze präsent oder aber kurz vor Beginn der landwirtschaftlichen Tätigkeiten bereits prädationsbedingt abgewandert waren. Dann wäre die eigentliche Verlustursache unbekannt geblie­ben. Im Vergleich mit anderen Untersuchungen war der Anteil landwirtschaftlich bedingter Verluste im Spreewald ungewöhnlich gering. Bei 14 anderen Stu­dien lag er zwischen 10 und 46%, zwei Untersuchun­gen fanden Werte von nur 4% bzw. 6%( s. Übersicht bei KÖSTER et al. 2001).

Der ziemlich geringe Anteil anthropogen be­dingter Ausfälle im Spreewald könnte jedoch auch wegen des frühen Abzugs vieler Brutvögel abge­mildert worden sein: Die Mehrzahl der Kiebitze hat nämlich schon bis Anfang Mai ihre Brutplätze wie­der verlassen( Abschnitt 4.1.3)- also noch klar vor Beginn des ersten Grünlandschnitts. Ein beträchtli­cher Teil der Population geriet daher nicht( mehr) in Konflikte mit landwirtschaftlichen Aktivitäten.

Das Geschehen in häufiger und in kurzen Ab­ständen untersuchten Kolonien präsentierte sich überaus dynamisch: Die große Mehrheit der ent­deckten Gelege( i. d. R. durch brütende Vögel so definiert) war meist nur wenige Tage vorhanden, und nur ausnahmsweise bebrüteten alle Paare einer größeren Kolonie gleichzeitig Gelege; im Normalfall würde man zu Beginn der Brutzeit eine Synchronisa­tion des Legebeginns verschiedener Paare erwarten ( BEZZEL& PRINZINGER 1990). Typischerweise kommt es jedoch schon innerhalb weniger Tage nach den ersten Legebeginnen zu einem raschen und un­übersichtlichen Wechsel von Eiablage, Bebrütung, Gelegeverlusten und erneuter Balz mit nachfolgend anderen Neststandorten( die abermals wenige Tage später oft schon wieder verwaist waren). Dies betraf Kolonien in artenschutzgerecht bewirtschafteten

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Flächen in gleichem Umfang wie solche in konven­tionell bewirtschafteten Flächen.

Es ist anzunehmen, dass all diese Gelegeverlus­te durch Prädation verursacht wurden( sofern wit­terungsbedingte Extreme auszuschließen waren). Prädation ist bei einem Bodenbrüter, wie dem Kie­bitz, ein völlig normaler Begleitumstand des Brut­geschäfts und spielte lange Zeit eine untergeordnete Rolle( GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1975, TEICHMANN 1975). Als zentrale Verlustursache beim Kiebitz zeichnete sich Prädation erst seit Mitte der 1990er Jahre ab und geriet deshalb zunehmend in den Fo­kus der Wissenschaft und des Artenschutzes( BELLE­BAUM 2002, LANGGEMACH& BELLEBAUM 2005, TEUNISSEN et al. 2008). Seitdem gilt sie übereinstimmend nicht nur als bestandsgefährdendes Problem, sondern als der Hauptgrund für den dramatischen Rückgang des Kiebitzes in Mitteleuropa ( HÖTKER 2015, PLARD et al. 2019).

Im Spreewald waren Feststellungen zur Präda­tion( direkte Beobachtungen, Eischalenreste, leere Nester) ausschließlich Zufallsbeobachtungen, die weder Umfang noch Ausmaß auch nur ansatzwei­se objektiv widerspiegeln( siehe BELLEBAUM 2001, BELLEBAUM& BOCK 2009). Unter den Vögeln wurden Nebelkrähe Corvus cornix( die im Spreewald hohe Dichten erreicht; s. MÄDLOW 2004) und Kolkrabe C. corax( bei Gelegen) sowie die Rohrweihe Circus aeruginosus ( Küken) als Beutegreifer festgestellt. Gründliche Untersuchungen an Kiebitznestern in verschiedenen Regionen ergaben jedoch einheit­lich und sehr überzeugend, dass für die übergroße Mehrzahl der Verluste nicht tagaktive Vogelarten( v. a. Rabenvögel) oder etwa Wildschweine Sus scrofa , sondern insbesondere nächtlich agierende Raubsäu­ger verantwortlich sind( BELLEBAUM 2001, EIKHORST& BELLEBAUM 2004, JUNKER et al. 2006, LITZBARSKI& LITZ­BARSKI 2008). Diesen und weiteren Quellen zufolge ( KUBE et al. 2005, ŁAWIKI et al. 2011) wird mehrheit­lich der Rotfuchs Vulpes vulpes als häufigster Prä­dator angesehen.

Innerhalb der hiesigen Brutflächen wurden unter den Raubsäugern folgende potenzielle Gelegepräda­toren bzw. ihre Spuren registriert( Reihenfolge etwa nach Häufigkeit der Zufallsbeobachtungen): Rotfuchs, Waschbär Procyon lotor , Marderhund Nyctereutes procyonoides , Mink Neovison vison, Baummarder Martes martes , Fischotter Lutra lutra , Dachs Meles