Heft 
(2021) 28
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meles, Hermelin Mustela erminea , Iltis M. putorius und Wolf Canis lupus . Drei dieser Arten sind Neo­zoen und im Spreewald ein relativ junges Phänomen. Der Marderhund wurde erstmals 1983 im Spreewald nachgewiesen, aber erst ab Ende der 1990er Jahre erfolgte ein starker Bestandsanstieg mit einer seither flächenhaften Verbreitung( MÖCKEL 2000). Der Erst­nachweis des Minks stammt aus dem Jahr 1972( STUB­BE 1974). Ab 1979 wurde er alljährlich festgestellt, und schon 1981 gab es 13 Beobachtungen bzw. Fänge( ILLIG 1984). Nach meinen Beobachtungen haben sich der Bestand und die Verbreitung seither kaum verändert.

Der größte Sprung gelang aber dem Waschbä­ren: Nach einem 1972 erschossenen Tier( STUBBE 1975) folgten viele Jahre keine weiteren Meldungen ( erste eigene Beobachtung 2001). In den frühen 2000er Jahren breitete sich die Art in großem Tem­po über die gesamte Flussniederung aus. Dieser Eindruck deckt sich mit der rasanten landesweiten Zunahme der Jagdstrecken von 1.265 Tieren im Jagdjahr 2000/2001 bis auf 24.090 Tiere im Jagdjahr 2014/2015( MLUL 2015, s. auch GREISER 2017). Die Be­standsgröße des Waschbären im Spreewald ist völlig unbekannt. Daher sei an dieser Stelle ein Fallbeispiel von den Fischteichen Schlepzig erwähnt: Seit 2010 werden in der 250 ha großen Anlage mit nur zwei Kastenfallen jährlich 40- 60 Waschbären gefangen, um die Tiere von zwei Futterautomaten( für die Fischzucht) weitestgehend fernzuhalten( M. ZESCH, mündl.). Die Fangaktivität beschränkt sich auf die Monate Juni bis September. Allein durch eine gerin­ge Intensivierung der Fangaktivitäten ließe sich die Zahl der Fänglinge nach Aussagen des Verantwort­lichen leicht verdoppeln oder gar vervierfachen! Die sehr fruchtbare, auf großer Fläche parkartige und äußerst gewässerreiche Landschaft des Spreewalds besitzt zweifellos günstige Voraussetzungen für eine hohe Waschbärdichte( FIDERER 2019). Der gesamte Spreewald wird von einem 1.800 km langen Fließ­gewässernetz durchzogen( inkl. kleine Grabensyste­me), das nahezu durchgängig von Gehölzen begleitet ist. Die große Mehrzahl der Kiebitzkolonien siedelt zwangsläufig unweit dieser Strukturen.

Weiterhin dürften auch die beiden anderen Neo­zoen gesamtflächig gute Lebensbedingungen vorfin­den. Auf den Marderhund als einen relativ neuen Prädator von Wiesenlimikolen- Gelegen haben jüngst SALEWSKI& SCHMIDT( 2019) hingewiesen. Parallel zum

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verstärkten Auftreten des Waschbären im Spreewald hat sich die Zahl der erfolgreich brütenden Wasser­vögel( v. a. in den Teichgebieten) drastisch verringert ( eigene Beob.; s. auch BORCHERT et al. 2010). Mehrere jahrelang besetzte Kolonien des Graureihers Ar­dea cinerea wurden nach dem Verlust der Gelege aufgegeben; Abdrücke der Eckzähne in am Boden gefundenen Eischalen deuten auf den Waschbären als Verursacher hin( BELLEBAUM& BOSCHERT 2003). Im Rahmen von Revierkartierungen im Feuchtgrünland wurden einige Kiebitzkolonien alljährlich mehrfach betreten. In schlammigen Bereichen stieß ich regel­mäßig auf die charakteristischen Fußabdrücke des Waschbären( auch an leeren Kiebitznestern mit Ei­schalenresten). Die Tiere selbst wurden bei Tageslicht aber nur wenige Male innerhalb der Kolonien gesehen ( z. B. am 14.04.2019 3 Ind. nachts in einer Brutkolonie mit 8 Rev., die alle erfolglos blieben).

Während MICHLER& MICHLER( 2012) noch keinen ernsthaften Einfluss von Prädation durch Waschbä­ren nachweisen konnten, belegte FIDERER( 2019) das Prädationspotenzial in einer dreijährigen Studie im SPA- Gebiet ,, Niederung der Mittleren Havel mit em­pirischen Daten. Ein ebenfalls relativ junges Problem ist die Tollwutimpfung beim Rotfuchs, die zu einem starken Anstieg der Fuchspopulation geführt hat ( LANGGEMACH& RYSLAVY 2010).

Welche Arten den prädationsbedingt katastro­phal geringen Bruterfolg im Spreewald schließlich verursacht haben, blieb im Dunkeln und ist aus der Sicht des Artenschutzes nicht von vordergründigem Interesse. Es liegt der Verdacht nahe, dass innerhalb des gesamten Prädatorenkomplexes vor allem die drei mittelgroßen Arten Fuchs, Marderhund und Waschbär infrage kommen. In den an das BR SW angrenzenden und bereits erwähnten Laẞzinswie­sen bei Peitz konnte durch den Ausschluss von Bo­denprädatoren dieser Größenklasse der Bruterfolg plötzlich enorm gesteigert werden. In zwei einge­zäunten Wiesenparzellen( 3,5 und 4,6 ha) brüteten 2020 insgesamt 17 Paare, wobei der grobmaschige Elektrozaun z. B. für kleinere Marderartige( Her­melin etc.) durchaus passierbar war. Die Reproduk­tionsrate überschritt bemerkenswert deutlich den bestandserhaltenden Schwellenwert von 0,8 Juv./BP ( R. ZECH& B. LITZKOW, mündl.). Mit anderen Worten: In zwei eingezäunten Brutflächen von 8,1 ha sind 2020 mehr als doppelt so viele Jungvögel flügge ge­