worden als im 475 km² großen BR SW. Ähnlich optimistische Werte stellte BESCHOW( 1998) auf den( für die meisten Raubsäuger nicht zugänglichen) Inseln in der Talsperre Spremberg fest.
Trotz guter Ansätze und einiger Erfolge im Schutz des Lebensraums ist der Spreewald derzeit keine gute Wahl“ für brutwillige Kiebitze. Unter den aktuellen Umständen profitieren von den auf Wiesenbrüter ausgerichteten Schutzmaßnahmen in erster Linie unbekannte Prädatoren, indem für eine kurze Zeit des Jahres ihre Nahrungspalette um einige hundert energiereiche Vogeleier ergänzt wird...
6.1.7 Erklärungsversuche und Hypothesen zur Identität der im Spreewald brütenden Kiebitze
Vor dem Hintergrund der über Brandenburg und die Grenzen Deutschlands weit hinausreichenden starken Bestandsabnahmen ist das stabile Vorkommen im Spreewald zwar kein Leuchtturm, aber doch ein kleines Phänomen. Die Beständigkeit steht in krassem Kontrast zur äußerst geringen Nachwuchsrate und lässt das stabile Vorkommen insofern umso rätselhafter erscheinen. Normalerweise rekrutiert sich eine Kiebitzpopulation in erheblichem Umfang aus dem eigenen Nachwuchs( IMBODEN 1974). Adulte Kiebitze haben im Vergleich zu anderen ebenfalls meist oder ausschließlich monogam verpaarten Limikolenarten wie z. B. Brachvogel Numenius arquata ( GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1977) nur eine mäßig hohe Brutplatztreue. Nach übereinstimmenden Untersuchungen halten sie zu etwa 60-70% an einem einmal gewählten Brutgebiet fest; bei Erstbrütern ist die Bindung an den Geburtsort etwas geringer ausgeprägt( bezogen auf einen max. 20 km breiten Umkreis um den Beringungsort; z. B. IMBODEN 1974, THOMPSON et al. 1994, LISLEVARD 2009). Für diese Altersklasse sind durchaus größere bis große Dispersionen zwischen Erbrütungsort und späterem Brutplatz belegt. Einer aktuellen Zusammenfassung von CIMIOTTI et al.( 2020) zufolge siedelten sich 69,8% in einem Umkreis bis 19 km um den Erbrütungsort an. Weitere knapp 14% wurden bis 200 km entfernt gefunden, der Rest zeigte eine breite Streuung über teilweise beträchtliche Distanzen( bis > 2.000 km; CIMIOTTI et al. 2020).
Nach diesen Erkenntnissen wäre es naheliegend anzunehmen, dass die Population im Spreewald in
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erheblichem Umfang vom eigenen Nachwuchs und demjenigen der direkten Umgebung erhalten wird. Das Umfeld des Spreewalds bedeckt innerhalb eines Radius von 50 km eine Fläche von etwa 12.000 km² ( entspricht 40,7% der Fläche Brandenburgs ). Aus diesem Raum sind drei aktuelle großflächige Bestandsangaben verfügbar: Im Altkreis Beeskow ( 941 km²) wurden 29 Reviere erfasst( 2017; HAUPT& MÄDLOW 2020), im Altkreis Luckau ( 703 km²) lag der Bestand zwischen 20 und 30 Revieren( 2010-2020; H. DONATH, schriftl.). Eine vollständige Kartierung im Kreis Spree- Neiße sowie in der Stadt Cottbus ( 2.384 km²) ergab 90 Reviere( 2017; R. ZECH, B. LITZKOW, R. BESCHOW, schriftl.).
Daraus resultiert eine mittlere Dichte von etwa 3,3 Rev./100 km² für den waldreichen Süden Bran denburgs . Unter Beachtung des landesweiten Häufigkeitsgefälles stimmt dieser Wert mit der mittleren Abundanz von 5,4 Rev./100 km² für Brandenburg gut überein( RYSLAVY et al. 2019; s. Abschnitt 6.1.1). Demnach ist im etwa 12.000 km² großen Umfeld des Spreewalds alljährlich mit nur maximal etwa 400 Revieren zu rechnen. Nach Aussagen der oben zitierten Vogelkundler ist der Bruterfolg in den von ihnen kontrollierten Gebieten grundsätzlich ähnlich gering wie derjenige im Spreewald. Es erscheint also sehr unwahrscheinlich, dass sich die Population im Spreewald ausgerechnet aus dem Nachwuchs des nahen Umfelds rekrutiert. Die Bedingungen außerhalb der Flussniederung sind augenscheinlich schlechter, die Verlustrate der mehrheitlich auf Ackerflächen brütenden Kiebitze vermutlich noch höher. Somit klingt der Gedanke geradezu absurd, die Nachbarregionen mit durchweg stark bis sehr stark schrumpfenden Vorkommen würden das Vorkommen im Spreewald maßgeblich erhalten. Dies gilt gleichermaßen auch für die beträchtlich abnehmenden westpolnischen Bestände mit ebenfalls unzureichenden Nachwuchsraten( ŁAWIKI et al. 2011). Demnach fehlen jegliche Hinweise dafür, dass die Vorkommen im Umfeld einen positiven Einfluss auf den Bestand im Spreewald haben könnten.
Die mittlere Lebenserwartung beträgt beim Kiebitz etwa 2,1-3,1 Jahre( GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1975, KOOIKER& BUCKOW 1997, SHRUBB 2007). Nach Onnen& Zang( 1995) liegt das Durchschnittsalter einer Population bei 3,1 Jahren, NAGY et al.( 2020) beziffern die Länge einer Kiebitzgeneration mit etwa